Mittwoch, Dezember 23

In Wien ist die Hölle los. Vielleicht ist mir das die letzten Jahre nur nicht aufgefallen und es war schon immer so. Aber dieses Jahr ist der Wahnsinn. Donauzentrum, Mariahilferstraße, Stephansplatz. Nach diesem Einkaufsvormittag war es beinah ein leises Vergnügen, in den Kindergarten arbeiten zu gehen. Da gibt's bloß 50 Menschen, alle klein, obschon mit lauten Organen. Die Kinder waren naturgemäß alle in Hochstimmung, wie auch wir selbst. Das letzte Mal den Adventkranz angezündet, um halb 6 waren alle draußen. Beim netten Chinamann ums Eck schnelles Essen geholt, eine Dose Cola umsonst, ein warmer Pflaumenwein zum Warten. Der Glutmatschock sitzt mir noch in den Knochen, aber es gibt kein Ausruhen. Packen, Duschen, Anziehen, Westbahnhof. Der Nachtzug fährt um 22:44. Das erste Mal Liegewagen, halleluja. Um 8:08 bin ich dann in Bregenz, um dreiviertel zehn am Ziel.

Dienstag, Dezember 22

Ich mag meine Arbeitskolleginnen.
Dass ich das einmal sagen darf.

Montag, Dezember 21

Schon mal erwähnt, dass ich früher nicht sonderlich nett war?
Dafür hab ich jetzt eine schmerzhafte, virale Infektion an den Mandeln, die, nicht behandelbar, erst in ca. 1-2 Wochen (d.h. meine kompletten Ferien) abheilt und jederzeit wiederkommen kann? Da sagt noch einer, es gäbe kein Karma mehr.
Gibt's wohl, wartet nur nicht mehr bis zum nächsten Leben.
Im September 2002 war ich noch richtig pummelig, dafür hatte ich lange, schöne Locken bis über die Schulterblätter und ein niedliches, rundes Babygesicht. Mit so Wangerln, all das. Sieben Jahre ist das jetzt her, dass der Mexikaner uns an diesem Abend gefilmt hat, um seinen Abschied zu feiern. Jeder einen Schnaps in der Hand, jeder um ein Abschiedswort ringend. Statt dem schlauen Kerl alles erdenklich Gute für sein Leben zu wünschen, wünschte ich ihm sieben mexikanische Kinder von sieben mexikanischen Frauen. Für mich war er kein hochbegabter Sprachenlerner, kein erfolgreicher, aufstrebender Guatemalese (er war in Wirklichkeit kein Mexikaner, wie ich ihn anstatt des Vornamens immer nannte), der in der Umweltpolitik Karriere machen würde. Für mich war es ein Gigolo, der Sonntag morgens mit nacktem Oberkörper in der Küche rumgammelte. Einmal versuchte ich ihm glaubhaft einzureden, dass nackte Oberkörper in der Öffentlichkeit in Österreich verboten wären. Er ging straks in sein Zimmer um sich anzuziehen, bis er mir schließlich auf die Schliche kam.
Der kann sich glücklich schätzen, dass diese garstigen Wünsche bisher nicht in Erfüllung gegangen sind.

Sonntag, Dezember 20

Der Mann ist jetzt also nach Bozen gefahren. Auf eine Hütte mit Freunden. Und ich sitz hier, mit geschwollenem Hals und muss noch 3 Tage abarbeiten, bis ich in einen Euronight inkl. Frühstück Richtung Westen steigen kann.
Das erste Mal Weihnachten ohne meine 3 Schwestern.

Mittwoch, Dezember 16

Das erste Mal Massage im Physikalischen Institut Donauzentrum.
Man darf entspannt sein.

Dienstag, Dezember 15

Wer krank ist, bitte den Zucker reduzieren, wenn nicht gar streichen. Zucker killt Vitamin B und Vitamin B wird ganz dringend für die Genesung gebraucht. Und bei Antibiotika Joghurt. Heute gelernt.
Wer reizüberflutet von der Arbeit heimkommt und sich erst mal 10 Minuten ins dunkle, ruhige Schlafzimmer legt, um runterzukommen, gewinnt Abendfrieden.

Montag, Dezember 14

Jetzt eben Antibiotika.
Der Doktor flirtet schon mit mir, weil ich langsam zum Dauergast mutiere. Kaum war die Magendarmsache wegtherapiert, begann mein Hals anzuschwellen. Und mein Ohr sich zu entzünden, bravo. Die letzte Woche war auch kein Spaß. Eine Grippe, ein Dauergast, der den Mann jeden Abend zum Nachtdurchzechen animierte, eine WG-Party, ein Ausflug nach OÖ für einen 70er mit der kompletten Familie. Dazwischen 40 Babys gewickelt, 30 Kinder und 1 weinende Kollegin getröstet, 5 Fingerspiele, 17 Bilderbücher vorgelesen, 47 Weihnachtslieder gesungen, 2 Elterngespräche (eines wegen Silvesterkracher im Kindergarten), 90 Portionen Essen ausgegeben, usw. usf.
Die Oma ist jedenfalls jetzt 70 Jahre alt. Ich hab sie nie so stolz und glücklich gesehen, wie auf diesem Geburtstagsfest. 2 Töchter, 2 Schwiegersöhne, 7 Enkel, 6 Schwiegerenkel, ein Urenkel, ein Stiefurenkelkind. Und alle ganz prima.

Dienstag, Dezember 8

Heute gibt's Fleischknödel mit Rotkraut, meiomei.
Bis ich 17 oder 18 Jahre alt war, bestand meine Mutter jeden Sonntag abend im Dezember aufs Adventsingen. Egal, wo ich war, bei wem ich übernachtet hatte, was ich sonst vorhatte, Sonntag abend musste ich zuhause sein und mitsingen. Kerzenanzünden, Flöte- oder später Gitarrespielen, Mandarinenessen. Es war ihr ganz wichtig, dass wir alle uns bekannten Strophen all jener Weihnachtslieder, die sie uns beigebracht hatte, absangen. Sie selbst ist eine sehr gute Sängerin, sie singt hoch und klar. Wir Mädchen sind da weit weniger talentiert, obwohl wir schultypbedingt sehr viel musikalische Bildung genossen haben. Das ganze Adventsingen dauerte ca. eine dreiviertel Stunde, danach durfte ich das Haus wieder verlassen.
Das ist die Art von Sicherheit, die unsere Mutter uns immer geboten hat, so chaotisch sie in der Haushaltsführung sonst auch war.
Mittlerweile versuche ich den Kita-Kindern ähnliche Erlebnisse zu ermöglichen. In der Ruhestunde, wenn die Jüngeren auf kleinen Matratzen im Raum ihren Mittagsschlaf halten, sitze ich mit den wachen Kindern in der Mitte des Raumes um den Adventkranz und wir singen unermüdlich das ganze Weihnachtsliederbuch.
Die Kerle sind jetzt nach langem Traraa, palettenweisem Bierkauf für die Party und etlichem Herumgenöle, dass so ein althergebrachtes Sifferleben gaaanz schön anstregend ist und sie jetzt doch gerne mal "was Kulturelles" machen möchten, ins Naturhistorische Museum abgerauscht.
Nun ist es wieder kuschelig sauber und aufgeräumt.
Jetzt nur noch den Magen beruhigen, nachdem ich ihm unbedacht auf nüchternen Zustand zwei Tassen starken Kaffees reingeschüttet habe. Jetzt fühlt es sich an, als hätte ich Zitrone in offene Wunden geträufelt. Dann wieder zurück zum Schonprogramm und der "Jägermeister-heilt-alles-Theorie" widerstehen.
Der Mann und sein Freund verbarrikadieren sich seit drei Tagen im Arbeitszimmer und zocken irgendein dümmliches Ballerspiel. Einerseits ist das supersüß. Sie sind beide Mitte Zwanzig, finden es aber derzeit richtig heilsam, sich wie 15 1/2 zu benehmen. Irgendwas ist eben mit den beiden, dass sie diese Auszeit so dringend nötig haben. Andererseits. Zwei Männer, zwei PCs, zwei Dosenbier. Das Arbeitszimmer sieht zuweilen aus wie Jungscharlager.

Ich bin solang krank, sehe den ganzen Tag zum Trotz dümmliche Mädchenfilme und widerstehe ihren wiederholten Aufforderungen, mich mit meinem Laptop dazuzugesellen und ihnen beim "Abschießen" zu helfen. Seit heute Mittag geht es mir wieder etwas besser, der Arztbesuch und die Fülle an Medikamente haben das Seine dazugetan, dass ich wieder etwas rumhüpfen kann. Und Geschirrspüler ausräumen. Das haben die Herren der Schöpfung nämlich auch schon eine Weile nicht mehr getan. Den Jungscharlagerkram habe ich sorgfältig in den Wandschrank reingestapelt, während die beiden kurz in der Stadt waren, um beim Faschingsprinzen Schnurrbärte für die Party am Freitag zu besorgen. (Fragt nicht! Für mich haben sie ein Glitzerleopardentop mitgebracht.)

Dafür kochen sie jeden abend sehr lecker. Mir nützt das trotzdem nichts, weil ich doch gar nix behalten kann. Hühnerbrühe und Zwieback, halleluja. Dafür hab ich jetzt ein Rezept für 10 Mal Massage, kleine Kindergartensesserl sei Dank.

Montag, Dezember 7

Emma und Benni könnten sie heißen, die beiden.

Sonntag, Dezember 6

Der Mann hat sich für eine Woche einen Freund zum Spielen eingeladen.

Samstag, Dezember 5

Nach zwei Tagen Bettlägrigkeit, unterbrochen von viertelstündlichen Kotzanfällen und heftigen Kopfschmerzattacken, endlich soviel Kreislauf und Energie aufgebracht, zu duschen. War bitternotwendig. Fühlt sich gleich besser an, auch wenn das Lockenkämmen wohl auf übermorgen verschoben werden muss, wenn die nächste stabile Kreislaufphase erreicht werden könnte.
Ja, in so einem Kindergarten holt man sich wirklich alles.

Mittwoch, Dezember 2

Wenn die lieben Mädels, mit denen ich fünf Jahre lang die Schulbank drücken musste, nur wüssten, wieviele negative Gefühlscocktails sie meinem Körper mit ihrer Einladung zum zehnjährigen Maturatreffen antun. Nicht nur der zehn Jahre wegen.

Montag, November 30

Der glücklich freie Montag.
Nach einer 12-Stunden-Nacht den ganzen Vormittag iphone-Tarife vergleichen, die Wohnung blitzblank putzen, Räucherlachs zur Jause und abends dann Rotwein.

Sonntag, November 29

Ein iphone und eine Miezekatze.
#was als nächstes ins Haus kommt

Donnerstag, November 26

Ich danke Gott für Kaffee und für die Tageslichtlampe.
Jetzt Abgang.

Montag, November 23

Test 2 von 8 fertig.
Achtundzwanzigsteinhalber Geburtstag.
All die Kinder, die mit mir groß wurden, auch die viel jüngeren, meine Freunde, Bekannte, Mitschüler, meine Geschwister und deren Freunde, die Kinder aus dem Dorf, meine Cousins und Cousinen: Alle, alle sind sie jetzt erwachsen.
Sie trinken nicht nur Alkohol und haben Führerscheine, nein. Sie haben kostbare Eheringe, sie haben riesige Häuser gebaut, ein oder mehrere Babys, manche sogar richtige Kinder, die schon zur Erstkommunion kommen, schnelle oder klapprige Autos, tolle Jobs, Erfolg, Verantwortung, sie sind Taufpaten, machen abenteuerliche Reisen, wohnen im Ausland, stehen auf Bühnen. Überhaupt tun manche ganz tolle Dinge, mit denen ich nie gerechnet hätte.

Die Schulbuskinder von damals tragen heute unsere Gesellschaft.
Da denk ich dann immer ganz schnell, dass wir unsere Kinder ernster nehmen sollten. Das sind richtige Menschen, nur kleiner. Und mir nichts dir nichts sind sie groß und selber Kindergärtnerinnen, Straßenbahnfahrer, Ingenieure, Krankenpfleger.

Donnerstag, November 19

Alltag in der Kinderstube

Zwölf ein- bis zweijährige Kinder morgens in Empfang genommen, getröstet, gewickelt, dann Händewaschen, Frühstück, Bücherlesen ("Das is ein Aase, englis abbit"), zum Aufräumen animiert (!), in die Garderobe gelotst (30 Meter), angezogen (12 Mal Patschen aus, Schuhe, Jacke, Haube, Schal, Handschuhe an, sitzen bleiben), in den Garten gelotst (50 Meter zurück), 8 Fahrzeuge verteilt (4 Kinder vertröstet), auf (oft imaginäre) Wunden geblasen, getröstet, einige verabschiedet, zurück, ausziehen, Händewaschen, Mittagessen, wickeln, schlafen legen.
5 Stunden später: Mein verschwitztes Ich braucht 2 Kaffee, um überhaupt heimgehen zu können.

Dienstag, November 17

Ich war beim Hautarzt! Auf sämtlichen todo-Listen der letzten zwei Jahre kann dieser Punkt jetzt endgültig gestrichen werden. Juchei. [Übrigens geht der Hautarztdeal so: Man braucht keinen Termin, geht einfach rein, die überaus freundliche Empfangsdame schreibt einen auf eine Liste und sagt dann: "Sie kommen in anderthalb Stunden dran. Wollen Sie nochmal raus gehen?" Damit meint sie raus, auf die Einkaufsmeile. - Also man braucht keinen Termin, sondern geht einfach hin, wannimmer man Lust auf - Trommelwirbel - SHOPPING hat.]
Hätte ich all das gewusst, ich wäre vor zwei Jahren am allerersten Tag hingegangen.

Sonntag, November 15

Arbeitsplatz. Bücherbord. Viele Gelbe, grüne, orange und ein rotes Reklam.
Reiseroute Mittel- und Osteuropa, Sommer 2009 (finde den Drachen)
Kommoden. Rechts im Bild: Heidelberg, 2006.
Versuche gerade, das erste Schlafwagenticket meines Lebens zu bestellen. ÖBB-Server down: Fehler 5 01SU12 523KL/BETTART PRUEFEN 01

Samstag, November 14

Das Wochenende, bei mir sind das ja neuerdings drei ganze Tage. Diesmal sogar von Fr. 14.30 Uhr bis Di. 10 Uhr. Viertagewoche, sagen die einen. Sagenhaftes Glück, sage ich.

Donnerstag, November 12

Und danach wollen sie immer noch weggehen, gleich nebendran. Da, wo abends unzählige Schnellimbisse, Billiglokale und verschiedene Kinosäle auf einer Ebene mit den zugesperrten Geschäften zusammen darauf hoffen, die Leute blieben nach dem Einkaufen noch länger. Ich bin ja nie sowo und war deshalb überrascht, wieviele Leute das tatsächlich tun, oder sogar extra dafür hinfahren.
Und während ich rumgehe und zusehe, wie die Kinder mit ihren Eltern die selbstgebackenen Brotlaibchen teilen, fallen mir ganz Junge auf, die sich ihre Punschbecher nachfüllen. Ich erschrecke noch, bis mir aufgeht, dass da bestimmt kein Rum drinnen ist.

Mittwoch, November 11

Und heute Martinsfest. Und ein kleines rotes Stoffrechteck, das per Klettverschluss zerteilt wird. Mit einem selbstgemachten Schwert. Mantelteilung.
Dazu Erwachsenenpunsch für uns und die Eltern. Das haben sich alle verdient.
Die Assistentin, für einen Augenblick alleine im Garten, die Kinder beginnen sich mit Matsch zu bewerfen, gatschen, drecken herum, schleppen das Erde-Regen-Gemisch in Kübeln durch die Außenanlage, quietschen vor Vergnügen. Sie zögert, stutzt, dann lächelt sie unsicher. Soll sie etwas sagen? Später meint sie, ihren eigenen Kindern würde sie das erlauben. Sie ist nicht sicher, wie das bei uns gehandhabt wird.
Wir doch auch nicht, die Kita ist noch keine 3 Monate alt. Kommt wohl darauf an, wieviele Eltern sich ob dreckiger Winterjacken und versumpfter Kinderstieferl beschweren kommen.

Montag, November 9

Freiraum für Gedanken.

Seit der Mann vor dreieinhalb Jahren nach Wien gezogen ist, wohnen wir in einem 16qm-Zimmer. Darin haben wir zu zweit geschlafen, gelernt und gearbeitet. Dazu hatten wir zu 2/3 Teilen einen schönen, großen Wandschrank zur Verfügung. Wohnzimmer, Küche, Bad zur Mitbenutzung. Anfangs war das so, weil wir es uns gar nicht anders leisten konnten, später, weil nicht mehr Platz in der Wohnung frei war. Auf die Weise haben wir viel Geld gespart (der dreimonatige Sommerurlaub wäre anders vielleicht gar nicht leistbar gewesen).

Seit dieser Woche aber sind wir stolze Besitzer eines zusätzlichen Arbeitszimmers, Blickrichtung Süden. Wenn man vom Schlafzimmer her durch den Wandschrank durchgeht, kommt man direkt hinein. Großer Schreibtisch, 2 Kommoden mit genug Stauraum in den Laden, Blumen, ein großes Bücherregal mit den Sachbüchern und Lexika (die Romane stehen jetzt separat und hübsch gereiht im Schlafzimmer). Ein Lesestuhl (geborgt).

Ich gehe den ganzen Tag hin und her und genieße die Leere, die Stille.

Das Schlafzimmer ist jetzt so großzügig bemessen, dass darin in manchen Ecken einfach nichts steht. Es ist aufgeräumt, kühl und einzig dafür, sich auszuruhen.

Für mich, die als Kind nie ein eigenes Zimmer hatte (mind. eine der drei jüngeren Schwestern wurde stets bei mir einquartiert, sofern überhaupt ein Extrazimmer für mich übrig war), ist das alles wie ein alter Kindertraum, der sich nun erfüllt.

Sonntag, November 8

Zwei schöne, dunkle Kieferkommoden.
Es hat den ganzen freien Tag gedauert, sie erstmal auf zahlreichen Möbelhausetagen ausfindig zu machen, ein Transportauto aufzutreiben, zum Möbelhauslager zu fahren, sie nach Hause zu karren, dem Transportauto wegen leerer Batterie Starthilfe zu besorgen (dazu mit einem Baby auf dem Arm Leute um Hilfe anzuquatschen), alles aufzubauen, den großen Berg Verpackungsmüll zu entsorgen. Das alles für zwei schöne, aber eigentlich unbedeutende Details in einem neuen Arbeitszimmer.

Dem Mann und mir ist das Leben, das erwachsene, bei allem Vorteil, grad sehr anstrengend. Da wünscht man sich irgendwie, verantwortungslos mit kleinen Wodkafläschchen bewaffnet an schmutzigen Wohnheimtischen den Winter zu vergammeln.

Damals zb. haben wir aus Langeweile und Seidenpapier eine kunstvolle Nikolo-Collage gebastelt. Nikolo trug Schuhbänder aus Nähseide. Wir hatten noch Zeit.

Freitag, November 6

Sie ist sieben Jahre jünger und denkt bereits in Jahren.
Ich immer noch wochenweise.

Montag, November 2

Da ist ein Zögern, sich ins richtige Leben zu stürzen.

Sonntag, November 1

Ich weiß es zu schätzen, dass ihr alle mich heute besucht habt, euch mit eurer Palette Mini-Biere neben mich und meine biologische Kräuterteekanne gesetzt und mich mit euren verrückten Verkleidungsideen bespaßt habt. Danke.

Freitag, Oktober 30

Zack und krank. Am allerersten Arbeitstag letzte Woche begann ich bereits, zu schnupfen. Ich ging natürlich weiter zur Arbeit und versuchte, meinen Körper mit allerlei Chemiebomben bei Laune zu halten, die mir schließlich den Magen verstimmten. In den zwei Wochen, seit ich wieder arbeite, war ich mit einer einzigen Ausnahme jeden Abend weg. Das lange Wochenende, das zur Erholung gedacht war, habe ich bei meiner Mutter auf der Haus-Baustelle verbracht. An Entspannung war dort nicht zu denken.
Heute Mittag musste ich dann kapitulieren und zur Ärztin gehen. Sie lachte nur und sagte, bei der Arbeit mit Kindern sei das normal. Jeder Kindergarten hat offenbar seine eigenen Viren, gegen die man erst ein Immunsystem aufbauen müsse. Sie meinte, von diesen Erkältungshämmern profitiere nur die Pharma-Industrie, mir helfe einzig „eine Ruh geben“ und dazu Lindenblütentee. So.
Jetzt lieg ich da und habe Ausgehverbot. Ich zerliege mir sozusagen die neue, teure Frisur. Die morgige Halloweenparty wird ohne mich stattfinden.
Der Mitbewohner aus dem Nebenzimmer ist heute ausgezogen, mit Sack und Pack, Richtung Vorgartenstraße. Das Zimmer ist jetzt unseres. Der Mann und ich lassen die Türen durch den Wandschrank hinüber in das neue Zimmer offenstehen und erfreuen uns der Leere, die jetzt uns gehört.
Dazu Ofenpommes und Fleischlaibchen.
Einen Tag glatte Haare. Wirklich glatt.
Eine pedante Friseurin macht's möglich.
Der Mann ist ganz verstört und will meine Locken zurück.

Mittwoch, Oktober 28

Und dann gibt's da diese Leute, die planen ihr Leben bewusst so. Müsst ich gar nicht.
Ob das irgendwann aufhört, dass sich mein Leben wie ein Provisorium anfühlt?
Immer mit dem Gefühl leben, nächste Woche, ja nächste, da wird endlich alles stimmen, da rennt's endlich. Da haben wir dann genug Zeit, die Dinge zu tun, die wirklich wichtig sind; Hautarzt, wieder mal ausschlafen, endlich die rausgeschobene Prüfung ablegen, meditieren, Sightseeing in der eigenen Stadt, schwimmen gehen, Besuche mit Prioritätsstufe 2 empfangen, mit dem Mann das Wochenende im Bett verbummeln, eine Frühstückskultur auch an Wochentagen entwickeln, auf all die wichtigen Demos gehen, alle Kochbücher auskochen und dafür am Naschmarkt einkaufen. Und nie, wirklich nie, kommt diese nächste Woche.
Stattdessen ein Flickerlteppich von Leben.

Freitag, Oktober 23

Und dann ist da dieses kleine türkische Mädchen, keine vier Jahre alt, zum ersten Mal im Leben in einer Kita. Nach dem Frühstück beginnen ihr die Augen zu tränen, sie sieht verzweifelt zum Fenster hinaus. Blickt auf die Uhr, steht verloren herum, lugt manchmal zum Türspalt hinaus. Ein paar Aufheiterungs-, Ablenkungsversuche und dreimal Naseputzen später ist die Zeit bis zum Mittagessen geschafft. Essen lenkt immer schön ab und teilt den Tag: "Mama kommt? - Nach der Jause kommt die Mama wieder, ja." Aber die zwei Stunden bis zur Nachmittagsjause sind lang. Weinerliche Phasen wechseln sich mit vertieftem Spiel ab. Nach der Jause geht es in den Garten. Das Mädchen steht am Spielplatzrand, genau auf der Grenzlinie, bis wohin die Kinder gehen dürfen und starrt Richtung Eingangstor. Manchmal, wenn wir nicht hinschauen, geht sie ein paar Schritte vor und versucht, einen Blick um die Ecke auf die Straße zu erhaschen.
Gestern morgen habe ich die Mutter zum ersten Mal gesehen, eine schöne, schlanke Frau mit Kopftuch und wachen Augen. Ich versuche ihr die Situation zu erklären und zu erfahren, wann genau das Kind an dem Tag abgeholt würde. Ohne mir zu antworten, wendet sich die Mutter von mir ab, spricht ein paar türkische Worte zur Tochter, lächelt mich an, sagt "Auf Wiedersehen" und geht. Sie hat mich offenbar nicht verstanden.

Wie muss es nun für diese Frau sein, ihr Kind jeden Morgen in unsere Obhut zu geben, ohne sich abends informieren zu können, was den ganzen Tag genau passiert ist, wie es dem Kind wirklich geht, was wir den Tag über tun oder auch nur irgendwie mit unserer Hilfe klären zu können, wie man dem Kind über den Trennungsschmerz hinweghelfen könne.
Sie muss darauf vertrauen, dass wir die Sache zur Zufriedenheit des Kindes mithilfe nonverbaler Kommunikation lösen. Ein Vertrauensgewaltakt.
Wenn ein Rezept schon so beginnt: "Das Hühnerfleisch in mundgerechte Würfel schneiden", verschieb ich das doch lieber direkt in den Ordner "Kochrezepte 2050".

Mittwoch, Oktober 21

Montag 13 Uhr Arbeitsbeginn, wenn man tatsächlich dort gewesen war, bis 18 Uhr und am folgenden Tag um 6.30 Uhr und am drauffolgenden Tag wieder um 13 Uhr und immer so im Kreis fühlt sich allerdings nicht an wie Wochenende. Eher wie ein schwindelerregendes Karusell, dass sich dreht, während es einem die einzelnen Wochentage unter den Füßen wegreißt. Plötzlich ist Freitag und du hast - außer Arbeit - nichts erledigt.

Abgesehen von diesem total verblödeten Dienstplan, der sich durch etwas sanften Druck und gemäßigter Intervention hoffentlich etwas abschwächen und an meinen Biorhythmus angleichen lässt, ist die Arbeit grandios. Vor einer Horde erwartungsvoller Eltern zu stehen, vorgestellt zu werden, meine diversen Ausbildungen runterzuerzählen, erstaunte Blicke im Hintergrund, ein Konzept zu präsentieren, - das fühlt sich doch einfach nur gut an. Kompetente Spezialfachkraft, von der Pieke auf gelernt. So hat sie gesagt.

Danach mit den Kolleginnen 4 Spritzer getrunken. Vier.

Montag, Oktober 19

Montag Arbeitsbeginn 13 Uhr fühlt sich an wie Wochenende.

Mittwoch, Oktober 14

Manchmal hilft nur Reinemachen, außen wie innen. Momentan leuchten bei mir nur die Haare. Herz und der Rest nebelt so dahin.
Die meiste Zeit stehe ich dem Leben ratlos gegenüber.
Ein Seufzer folgt dem nächsten.

Dienstag, Oktober 13

Irgendwie auch wieder gut, dass ich ab nächsten Montag wieder arbeiten gehe. Die eingemümmelte Winterstimmung mit Radiostephansdombeschallung im gemütlichen Wohnzimmer versetzt mich - wider Erwarten - nicht in harmonische Liebesverfassung, sondern in eine eingemachte Novemberdepression. Schnell raus hier. Zum Haarefärben. Leuchtendes Herbstfarbnenrot, falls das geht.

Montag, Oktober 12

Das war nicht immer so.
Wir waren verreist.
Eigentlich wollten wir nur ein paar Wochen mit dem Zelt in den Süden, hauptsächlich Kroatien. Daraus geworden ist eine Fahrt durch mehr als zehn Länder. Der Mann saß am Steuer, ich daneben, den Europaatlas auf meinem Schoß.
So fuhren wir durch Danzig, Warschau, Krakau, Bukarest, Istanbul, Tirana.
Tirana liegt in Albanien. Und Albanien am Meer. Sieht aus wie Griechenland oder Italien, bloß auf der Seite des Meeres, wo niemals wer hinkommt.
Wo auch ich im Leben nicht hingekommen wäre, säße ich nicht am Beifahrersitz eines Mannes, der sagt: Das wird toll, wirst sehen.
Es wurde toll und ich sah.

Dieses Sehen hält immer noch an.
Ich sehe mein Leben und das Leben allgemein, die Menschen, die Stadt, das Land, in dem ich aufgewachsen bin, mit wacheren, klareren Augen.
Ich sehe mich. Ich sehe meine Familie, meine Herkunft, meine Eltern.
Ich sehe meine Ausbildung, meine Schulzeit, meine Kindheit.
Ich sehe meine Beziehungen, mein Erwachsenwerden, meine Sexualität.
All das kann ich plötzlich erkennen, umgrenzen, wahrnehmen, herausfiltern.
All das kann ich jetzt sehen, als das, was es tatsächlich ist.
Dann denke ich, gut gemacht, meine Liebe. Das läuft doch alles ganz hervorragend.

Sonntag, Oktober 11

Wir wurden auch vermisst.
Gestern eine "Soirée" in unserem frisch umgestellten Wohnzimmer ("Heizkörper freistellen und Heizkosten sparen"), dh. drei große Brathenderl, denen wir eine Butter-Rosmarin-Schinken-Speck-Füllung unter die Haut gestopft haben. Dazu Bratkartoffeln, Salat und Linzerschnitte.
Noch bei keinem Essen waren alle derart begeistert, alles weggeputzt bis auf die letzte Kruste am Blech.

Samstag, Oktober 10

Wie banal wir doch alle sind, jeder erlebt dasselbe. Ob sich das lohnt, noch aufzuschreiben? Mit all dem Abstand gesehen mag ich gar nicht mehr meine kleinen Geschichten erzählen, am Frühstückstisch, dem Mann, in der Arbeit, hier drinnen.
Wir leben alle unser kleines Leben und finden es großartig.
Ist es nicht.

Und jetzt weiter im Programm, Biorotwein.

Freitag, Oktober 9

Während unserer Reise wiederholt starke Sehnsucht nach Nikotin. In den meisten der von uns besuchten Länder wird noch an jeder Ecke ohne schlechtem Gewissen geraucht; (das war bei Weitem nicht das einzige, das sich dort anfühlt wie 50er-Jahre.)
Sonderbar, das. Nach fast zweieinhalb Jahren Abstinenz.
Es sind nicht die kleinen Dinge, die man vermisst, wenn man wieder drin ist. Im Leben. Es sind die weiträumigen Gedanken, für die man hier schnell keine Zeit mehr findet, inmitten all der Nichtigkeiten, die plötzlich und mit wildem Nachdruck die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Donnerstag, Oktober 8



Ein original slowakisches Gurkerl, dahinter die hohe Tatra.

Dienstag, Oktober 6

Der kleine Mensch braucht Halt und Konstante.
Der große auch.
Keinen einzigen Freund noch besucht. Stattdessen straffe Abarbeitungsphase. Bergeweise Briefe aufschlitzen, alle über den Sommer fällig gewordenen Rechnungen begleichen, Jahreskarten bestellen, Abonnements verlängern, allfällige WG-Besprechungen, wichtige Telefonate, Gehaltsverhandlung, erste Teambesprechung, Arbeitsamtformulare ausfüllen, sich in Mobilfunkbetreiberfilialsschlangen stellen, Steuererklärungen, Testergebnisse und Arbeitszeugnisse analysieren, Berge von Wäsche waschen, dazwischen kaum Zeit für einen Bissen Brot.

Mann und ich sind wenig begeistert vom Gedanken an einen weiteren nebligen Winter in Wien, inmitten diesen Alltagschaos'.

Freitag, Oktober 2

Schwaben reden so herzlich, man möchte sie permanent knutschen. Ihnen einen Abend lang beim Bierzelten zugesehen, wie sie auf den Bierbänken in Lederhosen (keiner wusste zu sagen, ob die Schwaben eigene Trachtkultur besäßen, oder ob es sich um "bayerischen Kulturimperialismus" handle) riesige Maßkrüge leerten und zu Bands namens Pommfritz oder Gsälzbär schunkelten. Da lernt man ganz schnell, woraus die urschwäbische Seele gestrickt ist, die den Mann geprägt hat.

Donnerstag, Oktober 1

Wir sind ja nun wieder zurück.

Es wird eine ganze Weile dauern, bis ich davon erzählen kann. Wie es war, drei Monate lang zu zweit in einem kleinen Opel Corsa, nur mit einem Europaatlas und einem kleinen grünen Zelt ausgerüstet, durch Ostdeutschland, Polen, Slowakei, Rumänien, Bulgarien, Türkei, Makedonien, Albanien, Montenegro und Kroatien zu tingeln. Wie es war, in einem großen Bogen Ost- und Südosteuropa, über kleine, löchrige Landstraßen holpernd, zu durchkreuzen. Wie es einem unweigerlich das Leben verändert und man bei der Rückkehr ins gediegene Wien dagegen ankämpft, über dem einbrechenden Alltag jene klaren, wichtigen Gedanken zu vergessen, die man während so einer Reise zu fassen in der Lage war. Wie jeder Satz, den man zu Hause erzählt, zu einer Anekdote verkommt und man bemerkt, dass man die Großartigkeit, die sich tatsächlich ereignet hat, nicht in der Lage ist, jemandem nahezubringen, der nicht dabeigewesen ist.

Der Mann und ich liegen demnach immer noch auf unserer Insel, allein.

Montag, August 24

Ueberwaeltigte Gruesse aus İstanbul, der womoeglich schoensten Stadt der Welt. Wir werden derzeit von einem hinreissenden tuerkischen Akademiker-Ehepaar beherbergt, das es uns an nichts fehlen laesst, couchsurfing.com sei Dank. Nach dieser Erfahrung kann ich nur jedem raten, sich dort anzumelden. Dieses Erlebnis uebertrifft alles bisherige um Welten.

Donnerstag, August 6

3965 km, 16 Uebernachtungsorte, neun Campingplaetze, 3 Pensionen, 5 Laender spaeter. Sende diesen kurzen Eintrag aus der Geburtsstadt meiner Grossmutter, Hermannstadt in Siebenbuergen, Rumaenien. Und noch ist die Halbzeit nicht um. Euphoriephasen wechseln sich mit latenem Heimweh ab. Erstaunlich, wie sehr ich nach fuenf Wochen begann, Wien und seine Bewohner zu vermissen.
Der Mann und ich wohnen zurzeit in einer kleinen Holzhuette und nehmen uns eine Auszeit von der Auszeit. Wir ruhen uns aus vom Staedtebesichtigen, Autofahren, davon, nach annehmbaren Unterkuenften und Lebensmittelgeschaeften, sicheren Parkplaetzen oder versteckten Tourismusinformationen zu suchen, davon, aktuelle Stadt- und Strassenkarten aufzutreiben, uns vom gemeinen rumaenischen Autofahrstil aus der Ruhe bringen zu lassen. Wir ruhen aus, um die in all den inzwischen gereisten Tagen hereingebrochene Reizueberflutung irgendwie verarbeiten zu koennen. Auf dem kleinen Zeltplatz finden sich abends auf ein paar Holzbaenken einige Deutsche und deutschsprachige Rumaenen ein und tauschen sich ueber die Schoenheit, die Natuerlichkeit und ueber den allgemeinen Wahnsinn dieses Landes aus, und es tut gut, nach sovielen Wochen gelebter Zweisamkeit wieder mal mit anderen Menschen deutsch zu sprechen.
Wir holen kurz Luft und dann geht es weiter an die Schwarzmeerkueste Richtung Bulgarien, Istanbul, Serbien, womoeglich Albanien (wenn der Kerl mich noch dazu ueberreden kann) und schliesslich Montenegro, Kroatien.
Wir vermissen Euch!

Dienstag, Juli 7

Gestern einen Nachmittag in einem Straßencafé am Weimarer Goetheplatz eingeschoben.
Ich liebe Ostdeutschland. Du sitzt direkt neben dem Goethe-Schiller-Denkmal und Kaffee + Kuchen kostet zusammen Dreifuchzich. Wien, da kannste mal gucken hier.
Grüßle aus Jena.

Mittwoch, Juli 1

Verlassen heute Mittag das schwäbische Familienidyll gen Tübingen. Danach Rudolstadt, Jena, Dresden, Danzig.

Freitag, Juni 26

Tag 0.

Donnerstag, Juni 25

Ich hab ein Abschiedstrauma. Morgen arbeite ich den letzten Tag, morgen muss ich mich von geschätzt 50 Kindern verabschieden, die mich vermissen werden. Und von ca. 10 Kolleginnen, von denen 3-4 sehr okay und 2-3 sehr nicht okay waren. Bis heute abend gezögert, was Abschiedsgeschenke betrifft. Meine in diesen Dingen sehr kompetente Schwester musste mir eigenhändig die Abschiedskarten für meine Hortkinder schreiben, weil ich dazu nicht in der Lage bin. Irgendwas in mir tickt diesbezüglich nicht richtig. Ich spinne wochenlang Dinge in meinem Kopf zusammen, die einem solchen Abschied würdig wären (Fotokalender als Erinnerung, Blumen, all das) und am Ende kommt der Tag des Schreckens und ich habe NICHTS. Etwas sehr Liebes ist mir allerdings eingefallen. Alle Kinder, die eine Urlaubskarte von meiner Reise möchten, durften sich mit Adresse und Name auf eine Liste schreiben. Sogar mit Wunsch, woher. Die türkischen Kinder wünschen sich Karten aus Istanbul, die Serbischen aus Belgrad.
Im Wartezimmer eine Stunde lang versucht, mit Köhlmeiers Abendland gegen die Angst vor den durch die Gänge dröhnenden Zahnarztgeräuschen anzulesen. Sinnloses Unterfangen, fürchte mich noch genauso wie als Zehnjährige, dagegen hilft kein Erwachsensein. Siedend heiß fiel dann auch noch ein, warum ich den Zahnarzttermin vergessen musste: Eine Füllung ist fällig! und zwar seit 23.7.2008 - mein Unterbewusstsein arbeitet grandios. Bin mittlerweile in der Lage, solcherlei Dinge erfolgreich zu verdrängen. Mit dem Zahnarzt ausverhandelt, dass ich mich vielleicht für eine sündteure Goldfüllung entschiede, warte er mit der Behandlung doch nur bis Oktober, was mir den Spielraum eines ausgedehnten Mich-drauf-Einstellens einbrächte. Ich mag ihn eh, den neuen Zahnarzt, er drückt einem nichts aufs Auge, er lässt den 'Kunden' wählen: "Ist ja nicht so, dass ein Zahnarzt in Osteuropa das zur Not nicht behandeln könnte."
Wäre aber auch kein Urlaub, wenn ich mich nicht permanent vor einem bevorstehenden Zahnarzttermin fürchtete. (Die Weißheitszähne müssen auch raus.)
In letzter Minute noch Zahnarzt, weil ich den regulären Termin am 8. Juni schlicht vergessen hatte. Danach vorletzter Arbeitstag, Kinder und Eltern verabschieden.
Und heute abend kommt extra noch der Papa, der Bulgarien für Wüste hält*, zum Essen.

*"Gibt es dort Flughäfen?"

Mittwoch, Juni 24

Eine Krankenversicherung ausgehandelt, zwei WG-Besprechungen, fünf Körbe Kleidung gewaschen, drei Kartons voll persönlicher Dinge in den Wandschrank verräumt, sechs (!) Kilo Kleingeld zum Wechseln in Jute gefüllt.

2 Tage noch.

Dienstag, Juni 23

Einem sammelwütigen Hellokittymädchen in strömendem Regen beim Übersiedeln von Umzugshutköfferchen und leeren Erdnussdosen (könnte man immer mal wieder brauchen!) geholfen = 17 Karmapluspunkte.

Sonntag, Juni 21

Einer, der bereits mehrmals wochenlang Asien bereiste, lächelt darüber. Aber ich öffne heute morgen eine Milchpackung, und denke, die hält länger, als wir noch hier sein werden. #Pathos

6 Tage noch.

Samstag, Juni 20

Ein Fest, zwei Gesichter oder so ähnlich.

Während ich angesichts der erschienen Gäste und des genialen Abendessens den kompletten Abend im Glück schwelgte, versuchten zwei an sich überaus liebenswerte Kampfhähne, sich in meinem Wohnzimmer mit Sesseln zu erschlagen. Sagen jedenfalls die anderen. Ich selbst bemerkte nichts. Voll Meinklang Zweigelt und dem Schnaps der alten kroatischen Oma, von dem niemand mit Bestimmtheit zu sagen vermag, wieviele Prozent er wirklich hat, dauerumarmte und beliebschwallte ich alle Freunde, die gekommen waren, um uns zu verabschieden. Auf die Klopinnwand malte ich eine Liebesbekundung: 'Jeder einzele ist ein Gedicht', während einer davon zum Trotz in Glasscherben rumsprang. Gut, wir kennen ihn kaum. Er war mehr oder weniger zufällig dazugestoßen und es war mir nicht klar gewesen, dass man ihm keinen hochprozentigen Kroaten geben darf. Heute rief er an und bat um die Nummern derer, bei denen er sich entschulidgen musste für Gesagtes, das er nicht erinnerte.

Freitag, Juni 19

Freitags im Theresienbad

Schwimmtag im Hort.
Fünf von sechs Kinder zwischen 7 und 11 können nicht schwimmen.

Kind ruft aus der Garderobe: "Muss ich die Unterhose auch ausziehen?"

"Hat der U. einen Fisch verschluckt?" (Kind hustet nach Tümpfler)

"Nach fünf Jahren Gymnasium kann man auch aufhören, da hat man dann aber nur diesen Führerschein für Autos mit 53 km/h gemacht."

Und im Bus beim Heimfahren, ich: "Müssts halt dann daheim mit Shampoo ordentlich die Haare waschen, damit das Chlor wieder draußen ist."
Kind so: "Aber ich dusch doch nur sonntags."

(ungelogen.)

Donnerstag, Juni 18

Im letzten Monat eine Adressliste angelegt. Alle Menschen, die uns wirklich etwas bedeuten und denen man ernsthaft Karten vom Roadtrip schicken wollte, hübsch beexcelt. Fein säuberlich Name, Adresse, Geburtstag, Telefon. Es kam daher, dass ich von einer jungen Frau gelesen hatte, die in medialen Zeiten wie diesen papierne Geburtstagskarten per Briefmarke verschickt. So, dass sie dann pünktlich am Geburtstag im Postkasterl liegen.

Dieser Gedanke kam mir Großmuttern und gleichzeitig wie pure Liebe vor.

Ich erinnerte mich daran, dass ich einen Freund hatte, mit dem sich nach der gemeinsamen Schulzeit das Ritual etablierte, uns gegenseitig ebenjene Karten zuzusenden. Für mich war es stets der Höhepunkt meines Geburtstages, diese Karte aus dem Briefkasten zu ziehen; von jemandem, den ich jahrüber kaum sah und der mich dennoch nicht vergessen hatte.

Unsere Liste, Kerls und meine vereint, ergibt 52 Personen.

Sieht ein bissl nach Hochzeitsliste aus. Also wenn ich jemals Einladungen verschickte, ich hätte alles parat.
Der Mann kommt gestern heim und verkündet leichtfüßig, dass wir nächstes Jahr umziehen. Vier Autostunden südlich von Wien.

Das Abschiednehmen von einer Stadt, die zum Plaisir ihrer Bewohner leuchtendrote Hängematten in Parks montiert, kann ich ja jetzt drei Monate lang trainieren. Mal sehen, ob mir das so leicht von der Hand geht, wie ich glaube. Im letzten Jahr ist mir die Stadt und einige Menschen darin emotional sehr ans Herz gewachsen. Früher hielt mich ja nichts, da konnte man leichter vom Weggehen reden.

#

Ich muss mich also vom Fischgrätboden trennen.

Dienstag, Juni 16

Ich habe meine kompletten Osterfeiertage darauf verwendet, einem hochgradigen Legastheniker und zudem grammatikalischen Saboteur die Diplomarbeit halbwegs gradezurichten, wofür mir ein ohnehin mageres Honorar von seiner Universität versprochen wurde (die Arbeit ist offenbar preiskrönungswürdig und wird daher gesponsert), welches mir bis heute nicht überwiesen wurde.
Das ist einer der Gründe, warum diese Branche einfach zum Wegschmeißen ist.
Dann lieber Hortübernachtungsparties, dafür ist der Lohn am 28. fix drauf.

Montag, Juni 15

Die Kinder kleben zur Zeit auf mir drauf, als spürten sie, dass ich ginge.

Morgen übernachte ich in meiner Arbeit.
Das ist auch sowas, was nur Pädagoginnen machen, in der Arbeit übernachten. Und diese Manager, die von der Frau rausgeworfen wurden, die schlafen dann auf der Couch im Büro. Aber allein. Wir sind zu zehnt. Zwei Betreuerinnen und acht Kinder. Eines davon, ein tschetschenisches Mädchen, wird um halb 8 abgeholt, weil es nicht übernachten darf. Wo fremd.
Alle Kinder belegen sich ihre Pizzen selbst, wir schieben sie in den Ofen, drehen den Radio volle Lautstärke mit I like to move it move it auf und schauen zu, wie sich acht Kinder austoben bis zum Umfallen. Danach Eis, Waffeln und Nachtspaziergang mit Taschenlampen, Gutenachtgeschichten, Hörspiel-CDs.

Ich arbeite jetzt noch ganze 9 Mal.
Anderthalb Wochen noch.
ma getroffen, in einem Traum, indem ich wieder ins Studentenheim eingezogen bin. Mein altes Zimmer war wieder vergeben, was mich wider Erwarten erstaunte (wohne ich doch in Wirklichkeit seit viereinhalb Jahren nicht mehr dort).
Sie stand in der Tür vor dem Leiterinnenzimmer und war offenbar zur Therapie dort. Sie weinte ein bisschen und als ich sie sah, umarmte ich sie und das fühlte sich gut an. Ich sagte noch soetwas wie: "Ich wusste, dass ich dich bald treffen würde."
Der Traum fühlte ich echt an. Jetzt bin ich wach und etwas enttäuscht. Mein Herz will sich offenbar aussöhnen, obwohl ich weiß, dass das unmöglich ist.
Im Nachhinein fällt mir auf, wiesehr ich das erst lernen musste, mich ernsthaft für andere Menschen zu interessieren, sie zu treffen, sogar tagelang mit ihnen rumzuziehen und wirklich Spaß dabei zu haben anstatt immer nur mit mir selber beschäftigt zu sein oder nur Gespräche zu mögen, die mich selbst weiterbringen, wo ich was für mich lerne, das ich für mich selbst verwerten kann. Allmählich die Liebe für Leute und ihre Vorlieben und Eigenarten entwickelt, ohne sie zu bewerten.
Alles übrigens von Deutschen gelernt. Könnte man auch Erwachsengewordensein nennen.

Sonntag, Juni 14

Die Stuttgarter haben mich über die Jahre den gemeinen Lagerkoller lieben gelehrt.
Ich bin gewappnet.

Samstag, Juni 13

Unser Ikea-Schreibtisch Mallmö ist so weich an der Oberfläche, dass man mit dem Wattestäbchen Schreibtischtattoos reinritzen kann. Vorsicht bei Gedankenverlorenheit.

Das ist mir schonmal zum Verhängnis geworden, als ich 13-jährig mit meiner damals besten Freundin an einer kleine gelben Kapelle saß und während eines wichtigen Pubertätsgespräches straßenseitig in riesigen Buchstaben aus Gras meinen Namenan an die Mauer malte.

In dem 40 Seelendorf kam man schnell dahinter, wer das gewesen war.

Donnerstag, Juni 11

28 plus.

Wir sind so Brunch, Baby, Dachterrasse, Kombi, Jahresgehalt geworden.
Meiomei.

Aber wir erinnern uns zumindest, dass wir mal Zigaretten, Wodka, zugemüllte Wohnheimküchen, Citybike, Hoferpesto, Schwedenplatzkebab, Glühweinparty & versiffte Sangriaböden waren.

Nicht, dass ich dem einen hinterhertrauerte oder das andere besonders herbeisehnte.

Mittwoch, Juni 10

Ein ehemaliger Deutschschüler von mir hat erst im Dezember ein eigenes Geschäft aufgemacht und wird heute von der hiesigen Stadtzeitung empfohlen!
Und von mir hat er den Akkusativ gelernt:

"Hallo liebe m. Danke für alles. Bitte Wann du Zeit hast kanst du mich besochen. ich frohe mich dich bald."

Besonders stolz bin ich auf den mittleren Satz. Aufbau Fragesatz, Wortstellung und Kasus korrekt. Dieser Mann beherrscht aufgrund seiner Flüchtlingsbiographie allerdings auch 11 Sprachen.
Urlaub! Ein einzelner Tag Urlaub mitten in der Woche fühlt sich irgendwie an wie Schwänzen. Stattdessen muss heute der Zivildiener Frühdienst machen (d.h. um 6.30 Uhr auf der Matte stehen und kinderlos eine Stunde gegen den Schlaf ankämpfen), während ich gemütlich hier rumsitzen kann und das Lernen prokrastiniere.

Vorsichtshalber 870 Euro Gebühren für das Aufbaustudium wegüberwiesen, um dem Schweinehund zu verdeutlichen, was dieses momentane Vorsichherschieben tatsächlich kostet. Erhoffe mir Demut und Lernmotivation. Schaumermal.

Dienstag, Juni 9

Ich gestehe, ich vermisse mein twitter. Es war genial und dagegen kommt mir das Blog vor wie ein Lahmarsch, tschuldigen'S den Ausdruck. Andererseits aber auch wie eine schöne alte Dame mit Lachfalten.
Jemand hat vergessen, die Blumen zu gießen und die Blumenfee somit zutiefst verärgert. Zur Abwechslung wars nicht ich.
Abreise: Samstag, 27. Juni, 6.45 Uhr.
Rückkunft: voraussichtlich 1. Oktober

Montag, Juni 8

Manchmal vergessen, dass es mich nicht mehr gibt, in twitter.
Dort kann man so schön eine Persönlichkeit aufbauen und sie wieder zerstören, ganz Romantik. Wenn man sich einmal löscht, sind alle Verbindungen weg.

2 Jahre rauchfrei!

Begonnen hat alles damit...
Vier Tage später habe ich meine letzte Zigarette geraucht.


Wir bleiben nämlich nicht für immer 25.

Samstag, Juni 6

Nägellackieren ist ja auch sowas.

Habe dem Mann geschworen, im polnischen, bulgarischen oder rumänischen Sommer, wenn keiner uns kennt, in bunten Röcken, mit geflochtenen Locken und bunten Armbändern rumzulaufen, dazu einen großen Indie-Teppich vor dem Zelt. Der Auftakt dazu wird das World Music Festival in Rudolstadt werden, wo all die enthemmten Ossis nackt im Schwimmbad rumhüpfen. FKK-Camping.
Der Mann lächelt wohlwollend dazu, weil ich das ohnehin nie einlösen würde.
(Denkt er.)

Manchmal möchte man eben nicht der sein, der man immer sein muss, wenn man daheim ist. Und arbeitet. All die Souveränität, sie wird dann überflüssig sein.
Nagellack und Kindergärtnerin passt ja gar nicht, überhaupt glutrot.
Zurzeit geht das so: Samstag anlackieren, Sonntag Nacht ablackieren, Kinderdienst.

#

Gestern mit einer Kollegin unterhalten, deren Plan es bis vor kurzem war, ebenfalls zu kündigen und mit ihrem Freund zwei Monate im (weiter entfernten) Ausland herumzureisen. Auf Nachfragen erläuterte sie mit einer bemerkenswerten Offen- und Gelassenheit, dass sich ihre Beziehung momentan nicht auf jenem Level befinde, das zwei Monate Auslandsaufenthalt per Zelt unbeschadet durchstehen würde (die beiden hatten jetzt ein Jahr lang eine Fernbeziehung geführt). Der Plan wich (nach einem einwöchigen 'Testurlaub', der diese These bestätigte) somit weiteren Ausbildungsmöglichkeiten und beruflichem Weiterkommen.

Zuhause dem Mann davon erzählt, der bloß meinte, in dem Zelt dann hätten wir mehr Platz als in unserem jetzigen Zimmer, wo wir inzwischen immerhin 3 Jahre zusammen leben.
Cranberries sind übrigens Moosbeeren. Modeobst des Sommers 2009.
Wenn ich ab jetzt Moosbeeren sage, weiß niemand, wie trendy ich eigentlich bin.
Der Mann ist mit zwei Freunden in einem Sprinter voll Fleisch, Salat und Bier um 9.30 Uhr eine öffentliche Grillstelle besetzen gefahren.

Mittwoch, Juni 3

Der kleine Herzog hat heute Morgen seine Matura geschafft.
Ich habe ja schon öfter versucht, ihm klarzumachen, dass das soviel bedeutet wie den Schlüssel zum Paradies überreicht zu bekommen, so eine Art Lottosechser, aber der weiß das auch ohne mich. Der ist schlau genug. Ich darf das ja gar nicht laut sagen, weil bei mir daheim im Westen, da mögen sie das gar nicht, diese so genannte Überheblichkeit und kann ja nicht jeder studiert haben, eh nicht.
Aber ich bin stolz auf ihn!
Ihr könnt jetzt alle gerne im Chor wiederholen, dass das nicht wichtig ist, eh, aber schaffen tut das halt doch nicht einjeder.

Ich trinke heute abend ein Achterl auf dich, oder zwei.
Sogar Bio.

Dienstag, Juni 2

Heimfahren ist immer so eine Sache für mich. Heimfahren bedeutet etwas, immer. Dieses letzte Mal vor dem Sommer jedoch kam die geballte Ladung. Handfeste Auseinandersetzungen mit einer meiner Schwestern, der ich einfach nicht mehr dabei zusehen mag, wie sie sich von ihrem respektlosen Mann und ihrem mittlerweile genauso agierenden Sohn an ihre Grenzen treiben lässt. Emotionale, aufreibende Gespräche mit dem besten Freund am Kaffeehaustisch über das Vaterwerden und Geburten nicht ganz so gesunder Kinder. Einen Vater, der es nicht verkraften kann, von meinem Geburtstag ausgeladen worden zu sein, obwohl ich selbst seit mindestens dreizehn Jahren nicht bei ihm zuhause eingeladen war (und seine nunmehr neunjährige Freundin, die in all den Jahren nie von meiner Existenz in Kenntnis gesetzt wurde).

Dreieinhalb Wochen noch.

Donnerstag, Mai 28

Mir ist nach schlichter Klarheit.

Das ist eines der bedeutendsten Jahre meines Lebens, ich weiß es.
Die Zeit des Redens ist bald vorüber, bald wird alles ernst. Erst eine Reise, ein zweites Zimmer, ein längerer Auslandsaufenthalt, Familienplanung.
All das ist dann plötzlich möglich, all das kommt dann.
Irgendwo zwischen Sauerkraut, Weinkartons und Lohnzetteln realisieren, dass das Leben angefangen hat. Länger schon.

Mittwoch, Mai 27



Danke, lieber Kerl für das alles.

Es ist ein Erlebnis, der Küchenmaschine zuzusehen, wie geschmeidig sie die getrockneten Tomaten und den frischen Basilikum im Teig versenkt.

Ich packe meinen Koffer

Was alles in einen Rucksack und einen Seesack passt,
den zwei tragen können.
oder:
Reisegepäck, 2 Personen, Camping am Meer (14 Tage)

Reisepass, EC-Karte
2 gr. Ruck- oder Seesäcke, 1 kl. Rucksack

Geschirr:
2 Töpfe (klein, mittel)
1 Pfanne
2 Teller
1 Brettchen
1 scharfes Messer (gewellt)
2 Messer, Gabel, Löffel
2 Schüsserl (Suppe, Müsli)
2 Metallhäferl
1 Flaschenöffner
1 Gaskocher (4 Kartuschen)
1 türk. Kaffeekanne
1 Feuerzeug
1 Wasserkanister (faltbar)
1 Sieb
5-6 Geschirrtücher
4 Handtücher (groß)
1 Handtuch (klein)
1 Rei aus der Tube (oder Shampoo)
1 Spülmittel
1 Schwämmchen
1 Bürste/Drahtschwamm
1 Dosenöffner
1 Reibeisen (klein)
1 Box mit Gewürzen

Duschsachen:
Shampoo, Spülung, Duschgel, Rasierschaum, Wattestäbchen, Cremes, Rasierer, Zahnputzzeug, Rasierschaum, Haarbürste, Kamm, Sonnenmilch, Nagelfeile, Pinzette

Apotheke:
Kopfweh, Schmerztabletten, Fasche, Bioflorin, Pflaster, Schere, Fenistil, Rescue, Hand- und Fußcreme, Mückenstop, Lipbalsam, Ob

Zelten:
1 Zelt (Heringe)
1 Hammer
1 Plane für Boden
1 kl. Beserl und Schauferl
2 Stühle
(1 Tisch)
1 Wäschleine (10 Meter)
10-15 Klupperl
2 Isomatten
2 Baumwollschlafsäcke
2 norm. Schlafsäcke
Batterien und Reserve
1 Lampe (oben)
10 Kerzen
Regenjacken
1 Decke (Strand und Zug)
1 Polster
1 Reiseführer, Landkarte, Sprachführer
1 Licht (Kopflampe)
Haken fürs Zelt
1 Hängematte
Klebeband (Panzertape)
Matte für Eingang (Teppich)

Sonstiges:
Wasserschuhe, feste Schuhe, Schlapfen, Brillen, Sonnenbrillen, Schwimmbrillen, Tauchzeugs, Fotoapparat, Bücher, Spiele, MP3-Player, Flossen

Kleidung:
2 Bikini (Badehosen), 3-4 Paar Socken, 1 lange Hose, 1 kurze Hose, 1 langer Pulli, 3-4 Röcke oder Kleider, 5-6 Leiberl, BHs und Unterwäsche;

Zusätzliches für 3 Monate im Auto:
2 aufblasbare Isomatten
1 Kühlbox mit Zigarettenanzünderanschluss
2 Platten Gaskocher und Gasflasche
2-3 stapelbare Kistchen
1 Abwaschkorb mit Henkel
Messerschleifer
Tupperboxen für Gewürze
Wanderschuhe und Kleidung
grüne, wasserdurchlässige Matten für innen und außen
mehr Klupperl
Solardusche (schwarz zum Aufhängen)
Gaslampe
Polster und Decken
Lenkradsperre

filed under: Vorfreude/Equipment im Kopf zusammentragen

Samstag, Mai 23

A c h t u n d z w a n z i g.

Dienstag, Mai 19

Mentalitätenstudium. Drei Singapurern die Couch zum Übernachten anbieten (zurückhaltend/schüchtern, tauen aber nach dreizehnmaligem "Do you want something to drink?" auf und trinken am Ende sogar Honigschnaps), einem Inder das Zimmer vermieten (making business/forsch: "As I'm in India, I need an address to which I can send you the money. Cheque, Draft, Cash?" im 1. Anfragemail).

Sehe den Tagen beim Zerrinnen zu.
5 Wochen noch.

Meine Kinder nach wie vor unwissend.

Samstag, Mai 16

Mit ausgetrockneter Kehle hier sitzen und mir dabei zusehen, nicht fähig zu sein, aufzustehen und Wasser zu holen. Derzeitiges Lebensgefühl, rundrum.
Ein Beispiel: Seit 11 Uhr nicht angefangen zu lernen, weil der Leuchtstift in der großen Handtasche und die große Handtasche im Wandschrank verstaut ist. Die anderen drei Farben, die direkt hier drinliegen, kommen nicht in Frage.

Kerl schaut Fußball, ich meinem Verdursten zu.
Nennen wir es innere Lähmung, vielleicht sind es aber auch nur die 43 Taschentücher, die ich am Tag vollzurotzen gezwungen bin.

Mittwoch, Mai 13

Papa ausm Innviertel

"Hallo Papi, ich wollt nur fragen, wie's dir geht."
"Danke, dass du mich extra deswegen anrufst!"
"Ja, jetzt wo ich bald für solange Zeit wegbin, rufe ich öfter mal wo an."
"Wo bist denn leicht?"
"Naja, ich mach doch diese Reise, Papa, hab ich dir doch erzählt!?"
"Ja, ich dachte du fährst halt in Urlaub."
"Ne, doch für drei ganze Monate."
"Drei Monate?! Kriegst da überhaupt solang Urlaub?"
"Nein, ich muss da kündigen. Urlaub für 3 Monate gibt's nicht."
"Wo fährst denn da so lang hin?"
"Naja, wir starten an der deutschen Ostsee, durch Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, bishin nach Istanbul. Dann wieder rauf über Kroatien."
"Muss es unbedingt bis nach Istanbul sein? Da gibt's doch diese ganzen Anschläge?"
"Geh, Papa!"
"Wenn ihr da mit dem Auto durch Rumänien fahrt's! Hast du dann das ganze Urlaubsbudget dabei? Oder hebst du das ab?"
"Natürlich habe ich nicht alles Geld mit!"
"Aha. (Pause) Kaufst dir aber so ein Umhängetascherl! Das nehm ich auch immer in Ägypten!"
"Ja, Papa!"

Dienstag, Mai 12

Spanischen Sprachschülerinnen sommerweise Zimmer vermieten, den globigen Trekkingkatalog aus dem Postkasterl zerren, die erste Kündigung meines Lebens schreiben, Wanderschuhe besorgen.
All das riecht nach Meeresrauschen, braunem Gras, Eukalyptuswäldern, gleißenden Autobahnen, Campingplatztoiletten, Ameisen, Schlafsacknächten unter freiem Sternenhimmel, Gaskocherkaffee zum Frühstück, echtem Kebab und kalter Tellersülze.
Die Vorfreude klopft langsam an die Tür.
Noch 6 Wochen.

Montag, Mai 11

Sommer in Wien?



Vermiete über die Sommermonate günstig helles, schönes Zimmer mit begehbarem Wandschrank in typischer Wiener Altbauwohnung. Auf den Bildern Küche und der Essbereich des Wohnzimmers.
(Info und Kontaktdaten im Impressum.)

filed under: summerdrift09
Wie eine Therapie Menschen geraderücken kann, überzeugend.

Sonntag, Mai 10

Das Spiel heißt: Schreibe zwei Listen. Eine Liste mit verzichtbaren Dingen, eine Liste mit unverzichtbaren Dingen. Gehe der Sache auf den Grund.

Verzicht in der Krise

"Jetzt fragen sie einen alten, auf die 80 zugehenden Mann, worauf er verzichten könnte! Auf nichts werde ich verzichten! Auf nichts! Im Gegenteil. Bei Jacques Lemercier zwei Dutzend Austern Gillardeau bestellen statt einem. Champus statt Sancere und stillem Wasser und natürlich Gänseleber getrüffelt. Doppelte Portion. Das Totenhemd hat keine Taschen, [...] Ein neues Hörgerät ist ebenfalls nicht nötig. Der Unsinn um einen herum ist nicht hörenswert. Das Gleiche gilt für eine neue Brille. Man hat ja alles schon gesehen und gelesen. Die Frage nach dem Verzicht sollte denen gestellt werden, die den ganzen Schlamassel angerichtet haben. Den Bankbubis."
Haug von Kuenheim in Die Zeit, Nr.20/2009.

Samstag, Mai 9

Liege an einem schönen, sonnigen Samstagnachmittag im Bett.
Halsweh, Nebenhöhlenentzündung, Gliederschmerz.
Der Mann ist zum Naschmarkt gegangen und holt mir ein Falafelsandwich. Das mit den gefüllten Paprika drin.
Kurz vorm Durchdrehen.

Freitag, Mai 8

Nach Dienstschluss den Psychodreck einfach per Dusche runterzuwaschen, funktioniert nicht jede Woche. Heute heftige, total unnötige Auseinandersetzung mit dem Kerl, die ausschließlich dazu diente, Agressionen abzubauen; beiderseits.
Fühle mich Freitag abends manchmal wie gerädert, Erholung tritt erst samstags nach dem Frühstück ein. All die gnadenlosen Schicksale, die man sich wochentags auflädt.
Immer froh, selbst grad davongekommen zu sein.
Noch 7 Wochen.

Donnerstag, Mai 7

Muttertagsbillet mit Glückskäfer aus Wachs



"Das ist die Oma, sie hat lange weiße Haare und trägt gerne Blumenröcke."

Mittwoch, Mai 6

Gestern Nacht in einwandfreier Klarheit geträumt, wie ma als jetzige Frau aussieht. Sie war wunderschön.
Wir trafen uns auf Gran Canaria, wo wir vor neun Jahren auf Maturareise gewesen waren.
Sie sah mich in der Menge und kam auf mich zu. Sie lächelte, setzte sich neben mich, nahm meine Hand in ihre und wir rauchten gemeinsam eine Zigarette.
Gesagt haben wir nichts, alles war ganz einfach dadurch wieder gut, dass wir getrennt voneinander erwachsen geworden waren.

Dienstag, Mai 5

Ich brauche dringend ein Zeitfenster, in das mein neues Skriptum passt.
Textmarker liegt bereit, aber keine einzige Seite gelesen.

Montag, Mai 4

Nach einem Wochenende bei meinen Eltern und Geschwistern zuhause in Oberösterreich brauche ich erstmal ein paar Tage Erholungsphase zurück in Wien, in denen ich versuche, das erlebte Verhalten meiner einzelnen Verwandten nicht zu analysieren, nicht zu bewerten oder es in mein Leben hereinzulassen. Wenn ich das geschafft habe, geht es mir wieder gut.
Nur nicht darüber nachdenken, wie maßlos das Patenkind erzogen wird, nicht darüber nachdenken, mit welch obskuren Mitteln mein Vater sein Geld verdient, nicht daran denken, wie hanebüchen das neue, ansich wirklich schöne Haus meiner Mutter zusammengepfuscht wird. Nicht daran denken, dass meine Großmutter seit fast 30 Jahren auf dem Sofa sitzt, nichtsredend, keine eigene Meinung habend, wartend, ja worauf?
Und vorallem nicht daran, dass sie alle zusammen mich außerordentlich seltsam finden, weil ich weggegangen bin. Und weil ich es einfach nicht schaffe, sie öfter als irgend nötig zu besuchen.

Freitag, Mai 1

Bin aufgeregt. Heute Abend erste Innenbesichtigung meines neuen Elternhauses.

Einohrhase



(filed under: Basteln mit PET-Flaschen/Osterhasenfigur/Hortkinder)

Donnerstag, April 30

Das ist der Tag, wo ich mit einer Flasche Portugieser, die mir meine Schwester, mit der ich heute in einem maifeiertagsleeren Hietzinger Hallenbad eine Stunde hin- und hergeschwommen bin, aus Lissabon mitgebracht hat, im Wohnzimmer sitze und mir erschreckende Geschichten erzählen lasse, die ich nicht kannte und die direkt hinter meiner Schlafzimmerwand wohnten, seit drei Jahren.
Die Flasche wird leer sein heute, ich weiß es.

Mittwoch, April 29

Das ist alles so eine Art Zauber.
Ich glaube, es hängt damit zusammen, dass wir seit drei Jahren in diesem Zimmer wohnen und sobald einer aus dem Haus geht, ihn vermissen und zurückwünschen ins Bett. Immer noch.
Das kann die kleine, wunderfitzige Iranerin einfach nicht glauben. Sitzt neben dem Kerl in der Vorlesung und fragt ihm Löcher in den Bauch: "Und nach vier Jahren magst du sie noch?" - "Und sie dich?" - "Und du gehst ihr nicht fremd?" - "Und sie dir?" - "Und du wohnst wirklich mit ihr in einem Zimmer?"
Und dann fällt im Wandschrank eine alte Bewerbung aus dem Regal, die ich letztes Jahr für meine Schwester geschrieben habe, als sie noch nicht wusste, wer sie ist, und ich ihr meine Worte, meine Stadt, meine Wohnung geliehen habe, übergangsweise.
Und ich lese diesen Text und finde ihn schlicht und schön.
Wenn ich jetzt noch jemand hätte, der mir eine schicke Geschäftshomepage dazu baut, würd ich glatt einen Beruf draus machen. Mit 100%iger Erfolgsquote.
Acht Skripten, frische Textmarker, ein Feiertag.

Dienstag, April 28

Schön, wenn man sich nach dem ausufernden Urlaub eine streng vegetarische, gesunde, ohne Fett-Woche auferlegt, Spinat kauft, und um 18.30 ruft jemand an und sagt, ich mach heute Palatschinken mit Eis und Nutella, kommt doch rüber zu uns.
Warzen gehen nicht weg, indem man ein Tuch darüber legt.
Oder Gummistiefel.

Montag, April 27

Eben noch in Sandalen auf den Klippen Zyperns herumgeklettert, in einem Eukalyptuswald gecampt und am Lagerfeuer gegrillt. Und prompt zurück, gleich wieder auf hartem Konfrontationskurs mit der Realität.
Grade ist die Büchersendung mit den ersten Lernstudieneinheiten eingetroffen, es gibt wieder Salat zu 49 Cent und die Supervisorin ist vielleicht doch keine Hellseherin. Meine Mutter renoviert immer noch ihr Haus am Fluss, wohin wir dieses Wochenende fahren werden (müssen!), um zu weißeln, vermutlich wird es regnen und der Mann und ich werden Zecken geimpft. Meine Mutter schlägt weiters Malaria (Türkei!) und Hepatitis A und B-Impfungen vor (die Unhygiene im Osten!). Ich denke nicht, dass das notwendig sein wird.
Eine meiner Schwestern bewirbt sich für die Stelle als Standesbeamtin, was ich persönlich kongenial finde. Standesbeamtinnen und meine adrette Schwester sind Zwillinge, wirklich.

Ich selbst bin jetzt noch 2 Monate hier, im Dienst, in Wien. Und dann weg.
Bis dahin steht am Programm: alles mit den Versicherungen regeln, kündigen, das Reiseequipment organisieren, eine Fernstudieneinheit von 3monatigem Ausmaß in eben diese 2 Monate pressen, 5 Arztbesuche (ja, immer noch keinen einzigen erledigt), das Zimmer vermieten, mit den Kindern eine Übernachtungsparty, ein protziges Abschiedsfest für den Mann und mich, der Geburtstag des Patenkindes, mein Geburtstag. Der achtundzwanzigste!
Und der Mann ist seit heute Bachelor (und fährt zudem im Linksverkehr über eine komplette Insel ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.)

Freitag, April 17

Mit hennabeschmiertem Haar und lachsnudelvollem Bauch mit halbem Auge Independence schauen und daran denken, Sonntag Mittag bereits am Strand zu liegen, eine Woche lang. Sofern der Mann es schafft, dem zypriotischen Linksverkehr Herr zu werden und uns sicher am Campingplatz ankommen zu lassen. Dafür habe ich mir extra die Bitterfotze, den Vorleser und den neuen Glattauer aufgespart. Halleluja.

Donnerstag, April 16

Am liebsten möchte ich mich wegversetzen lassen, sofort. Irgendwohin, wo Licht und Liebe regieren und ich meine Seifenblasenideale unbehelligt ausleben darf. (Meine Kinder würd ich natürlich mitnehmen.) Was ich sagen will, ich bin einfach erledigt. Sitze morgens allein am Sofa und versuche nicht zu weinen, während sogar der Mann noch schläft.

Dieser Vorwurf, dass ich mich nicht an die althergebrachten Regeln halte, ist mir zuviel. Ich will Lob für die Leistung, die ich erbracht habe. Dass ich zwei kleine Mädchen für Malreihen begeistern konnte, die Rechnen zuvor für Bubensache gehalten haben. Dass Jungs mit Begeiserung kleine Osterhasen aus PET-Flaschen basteln anstatt Wrestlingkarten zu tauschen. Dass die Gruppe respektvoll und freundschaftlich miteinander umgeht, anstatt sich beim Händewaschen die Köpfe einzuschlagen.
Und sie wollen, dass ich Spiele sortiere. In geraden Linien.
Jetzt beschweren die sich ernsthaft bei mir (!), ich wär schlampat.

Dienstag, April 14

Morgen 17 Uhr wird kommen, egal wie sehr ich mich bis dahin aufrege.
Es ist unumgänglich.
Mit wehenden Fahnen durch die Hölle gehen will gelernt sein.

Montag, April 13


Alles Gute zum 4. Geburtstag, Liebe.

Sonntag, April 12

Der Mann macht Salat aus Limettensaft, Cashewkernen, Biohühnerfleisch, Austernsauce, Schalotten, Chilipulver, Palmzucker, Minzeblättern, frischem Koriander, Cocktailtomaten, Zitronengras, Weißkohl. Das war das mit Abstand raffinierteste Gericht, das wir je daheim produziert haben.

An den Geschmack von frischem Koriander gewöhne ich mich auch noch irgendwie.

Jetzt steht er grad in der Küche und mischt Joghurt, Garam Masala mit einer Art Spätzles aus frittiertem Kichererbsenteig. Dazu Lammkoteletts.

Das mit minderqualitativen Hoferlebensmitteln aufgewachsene Kind in mir staunt, dass es hier gelandet ist. In dieser Küche, mit diesem Gewürzregal, mit diesem Mann.

Samstag, April 11

"He is not serious?"

Zwei Frauen, eine auf Krücken, die andere mit einem kleinen Hund, den sie in einer Tasche trägt, steigen heute um ca. halb 2 bei der Station Esterhazygasse gemeinsam in den 57a. Sie tragen einen Klappstuhl bei sich. Als alle sitzen, fährt der Bus nicht los. Ich wundere mich und denke, der Schaffner stört sich vielleicht an dem Stuhl. Die Frau wickelt dem kleinen Hund in ihrer Tasche eine Art Tuch um das Maul. Der Busfahrer erhebt sich aus seinem Fahrersitz und schaut zu ihr nach hinten. "Entschuldigen Sie, ich habe den Maulkorb vergessen!", ruft sie nach vorne und zeigt auf ihre gehbehinderte Freundin: "Könnten Sie bitte eine Ausnahme machen?"
Der Busfahrer verzieht keine Miene und weist den beiden Frauen den Weg zur Tür: "Vorschriften!"

filed under: Machtspiele des kleinen Mannes. / Was ist Österreich?
Wenn der Mann dann mal fertig wäre, seiner Mutter am Telefon das Prinzip Couchsurfing zu erklären, könnten wir dann in den Stadtpark gehen.
Meine liebe, kleine Schwester fährt heim zur Mama und ich bleib da.
Der Mann hat Lamm gekauft und Garnelen, Minze, Zitronengras; eine Flasche von delinat steht noch auf dem Regal. Die Sonne scheint. Trotzdem fühle ich mich schuldig und eifersüchtig, weil sie heimfährt zur Mama, während der Mann und ich ein ruhiges Wochenende im kulinarischen Luxus geplant haben.

Da sitzen sie dann mit den Handwerkern im neuen Garten, suchen Osternester, die meine Mutter traditonell in Suppentellern drapiert, grillen, streiten um Nichtigkeiten, haben Spaß und ich bin nicht da.

Ich fahre ja sonst auch nie heim. Habe ich nie gemacht, weil ich hier wohne. Ich lebe in Wien, ich bin erwachsen, ich fahre nicht jedes zweite, dritte Wochenende nach Oberösterreich. Ich war nie ein Fan davon. Weil ich mein eigenes Leben habe und es mir immer zu anstrengend war, mich ständig mit meinen Kindheitstraumata auseinandersetzen zu müssen.

Letztes Jahr ist meine um sieben Jahre jüngere Schwester nach Wien gezogen und durchkreuzt meinen Immer-nie-heimfahr-Plan. Sie fährt nämlich oft, sehr oft. Und sie hat mitunter schlimmere Kindheitstraumata auszubalancieren als ich. Und sie kann es sich womöglich noch weniger leisten.

Jetzt denken die zu Hause, denen ich bisher erfolgreich einreden konnte, dass der Weg weit und teuer, dass die Zeit knapp, dass ich wirklich erwachsen bin, -- dass all das nur eine billige Ausrede war, um sie nicht besuchen zu müssen.

Und über all dem baut uns meine Mama und ihr neuer Mann gerade ein richtiges Elternhaus. Mit Hund und vorbeifließendem Fluss. Gerade recht, um dort irgendwann Enkelkinder in den Sommerferien abzustellen.
Zu spät für uns.

Freitag, April 10

Früher rief man jemanden an, um zu hören, wie eine Stimme klingt. Heute wollte einer erfahren, was für einen Sound ich mache. Überlege den Lektoratsauftrag zu stornieren. Was für ein Freak.

*

Während zweier Sonnenstunden im Burggarten liest der Mann mir aus dem angrenzenden Heldenplatz vor. Hat eigentlich nichts an Akutalität eingebüßt, die letzten 20 Jahre.

Donnerstag, April 9

Ein satter Lektoratsauftrag. Mit Rechnung, ernsthaftem Stundensatz. An einer Arbeit, die verlegt und preisgekürt wird. Hui.
Am Monatsanfang das ganze Geld auf das Sparkonto zu scheffeln, nützt nichts. Irgendwann holt man es doch wieder zurück.

Mittwoch, April 8

Heute haben die polnischen Kinder im Garten 'Käseblümchen', 'Marillenkäfer' und 'Mummeln' entdeckt.
"Ich schrieb mal über meine Küchenlampe mit dicker Staubschicht. Ich machte ein Foto, weil ich das so bemerkenswert fand und mein Staunen mit anderen teilen wollte. Und wenn erstmal alles sauber ist, muß das auch erzählt werden. Immer wird irgendwo die Wohnung umgeräumt oder gestrichen. Viele glauben gar nicht, wie glücklich auch frisch geputzte Fenster machen."

Ein wunderbarer Beitrag darüber, wie es ist, wenn Frauen bloggen.
Ich bin richtig vergiftet in mir drin.
Eure bösen Blicke sind wie Giftspritzen, die in meinem Blutkreislauf gemütlich ihre Bahnen ziehen. All der Argwohn, die Mißgunst, die Feindseligkeit. Wenn ich heimgehe, brauche ich erstmal ein paar Stunden, um das Gift abzubauen; ich gehe einzelne Strecken der 6er-Linie zu Fuß und dann ist es ein wenig, wie bei einem starken Kater, wo man regelrecht spüren kann, wie der Körper im halbe Stundentakt den Alkohol mühevoll abbaut. Es braucht dann ein Paar neue Schuhe, wie heute. Es braucht einen Mittagsschlaf, der all das verarbeitet. Es braucht den Mann, der sich alles anhört und dabei mit meinen Zehen spielt.
Irgendwann sitzen wir essend im Wohnzimmer. Der Mann liest Zeitung, während ich mich mit einer Bestimmtheit sagen höre: "Manchmal möchte ich denen direkt ins Gesicht spucken."
Soweit ist es gekommen, und jetzt ist dann bald Schluss.

Dienstag, April 7

Wenn man das einmal verstanden hat, fällt einem der Rest eigentlich
wie Schuppen von den Augen.
Wer sich freiwillig in artfremde Ghettozonen begibt, braucht sich nicht zu wundern, dort angefeindet zu werden.
Großzügige Hilfeleistungen können also auch eigennützige, unehrenhafte Motive haben. Scham zum Beispiel. Dass derjenige aus eigener Kraft nur schaffen könnte, wofür man sich dann genieren müsste. Pfui.

Montag, April 6

purer sex!

m. ‎(22:45): soo krasse lippen
und wie sie es den leuten immer reinsagt!

c. ‎(22:47): erstrebenswert

m. ‎(22:47): das?
sie sollte eine therapie machen
und eine typberatung!


c. ‎(22:49): ich mag die
das ist ja unglaublich
ich wusste nicht, dass es echt leute gibt, die sich ihrem scham entziehen können


m. ‎(22:51): ja scham empfinde ich auch, wenn ich sie sehe!
dafür dass ich eine frau bin wie sie!!!
sie ist ein bambi!
mit aufgespritzten lippen!


c. ‎(22:53): so hab ich "charme" nicht wirklich geschrieben, oder
oh gott, ich bin betrunken


m. ‎(22:53): diese serie beeinträchtigt deine intelligenz!
bist du wirklich betrunken?
oje du stehst auf DEN typ frau.


m.‎ (22:53): deputy klingt auch wie ein pferd.
wie fury.


c. ‎(22:54): deputy chief brenda johnson
das klingt nach purem sex


m. ‎(22:54): oh, du bist WIRKLICH betrunken.
Der türkische Besuch bereitet für uns zum Frühstück menemen und zum Abendessen Kısır mit Airan.
Selten einen so gesunden Tag gehabt.
Die Türken selber allerdings waren zwischendrin Schnitzel essen, Schweineschnitzel.
Ich will zum Beispiel auch Spaß. Das ist dort überhaupt garnicht beliebt.
Und dann sind da die Kolleginnen. Allesamt frustriert, gelangweilt, ausgebrannt. Und dann bin da noch ich. Unverbraucht, unausgebrannt, unerfahren. Dazu Ideen, die die Kolleginnen idealistisch nennen und das wird dir auch noch vergehen.

Das mögen die nicht. Das gefällt ihnen nicht. Sie wollen über die Bedingungen jammern, die Eltern schlechtreden und deren Kinder furchtbar finden; sie arbeiten mit 80erJahre-Methoden, Schablonen und Ausmalbildern. Ich will aber nicht jammern; ich will verändern, ich will ein Darüberreden, ich will ein Verständnis, ich will eine Unterstützung.

Das wollen die mir nicht geben; die wollen nur Scheiße finden, was ich jetzt schon wieder für eine Idee habe (zum Beispiel zweimal am Tag in den Garten gehen). Wir waren doch heute schon im Garten! Da kann es noch so 20 Grad haben und den Kindern mit den immergleichen Spielsachen langweilig sein. Weil das haben wir noch nie so gemacht.
Und die kleine Schwester startet heute ihren ersten Städteurlaub. Vor einem Jahr war da noch Abgrund zu sehen, überall.

Zum tauendsten Mal das Tierbabymemory

Fühlt sich an wie Sonntag. Nur dass ich um zwölf in der Arbeit sein muss. Wenn ich noch länger hier chillig in der Sonne sitze und Kaffee pur trinke, vergesse ich vielleicht hinzugehen.
Alle 'meine' Kinder sind nämlich in den Ferien und die wenigen Hasen, die von ihren Eltern während dieser schönen Sonnentage in die Kita gesteckt werden müssen, bleiben dann mir. Wollen dann alle gleichzeitig auf meinem Schoß sitzen, wollen exakt geteilte Aufmerksamkeit.
Ich bin das emotionale Auffangbecken, in das mit Anlauf gesprungen wird.

Sonntag, April 5

Nachts um fünf nach knappen zwei Litern Wein einen Satz auf die Klo-Pinnwand schreiben:

Ich sag diesem Mann, dass ich ihn achte.


Die Geschichte dazu nicht erzählen können; denn ich dachte, das Herz ist ein dunkler Wald.
Zur Strafe dafür bis halb neun abends im Bett liegen müssen, mit zerspringendem Kopf. Türkische Couchsurfer im Wohnzimmer sitzen haben, die das Wort für Muezzin ("the shouting guy") vergessen haben und Snittel essengehen wollen. Den EU-Beitritt der Türkei diskutieren, also ich mehr so im Halbschlaf zuhörend, der Mann leidenschaftlich mitredend; glücklich, all das erleben zu dürfen.

Samstag, April 4

und am ende riech ich wieder nach zwiebeln

ich bin unzufrieden
meine haare wieder, allderscheiß.

da lacht der mann
der versteht halt nix

fingernägel richten
augenbrauen zupfen
beine rasieren

und kein gewand nicht dazu!

und jetzt muss ich hühnerbrüste in tomatenpürree brühen.
all das verlangt der frühling.
Irgendwie mag man auf Dauer nicht mehr teilen.

Freitag, April 3

Anstatt dem kleinen tschetschenischen Mädchen, das Angst hat, nach Schweinefleischgenuss in der Hölle zu schmoren ("Dann werde ich ins Feuer geworfen"), solltet Ihr und Eure Mißgunst, Euer Neid, Eure Feindseligkeit, ach was sag ich. Ich änder' euch nicht mehr.
Ich erfreue mich lieber an dieser kleinen Muslimin, die zum ersten Mal im Leben ein buntes, gekochtes Freilandei betrachtet. Hält, wägt, befühlt, vorsichtig auf dem Pflasterstein aufschlägt, in den Magistratsmistkübel schält und verzückt reinbeißt. Und gleich noch eines hinterher, weil's so gut ist ("Was, das schmeckt dir nicht?").

Donnerstag, April 2

Die Sonne flutet uns alle ins Glücksparadies.
Das ist dann wohl offzieller Tag, den Wintermantel einzumotten. Sogar die verdriesliche, oder nennen wir sie präziser feindselige Kollegin konnte mir nichts anhaben. Ich werd nur verrückt bei dem Gedanken, dass wir diesen Sommer in einem Keller verbringen müssen, weil nicht genug Personal vorhanden ist, mit den Kindern in den 'Garten' zu gehen, welcher übrigens aus einem Gitterbasketballkäfig oder einer betonierten Fläche besteht, wo man gegen Todesstrafe den Rasen nicht betreten darf.
Unser Osterbiskuitlamm ist übrigens noch direkt im Ofen explodiert. Jetzt sieht es aus, als hätte ihm jemand den Bauch weggesprengt.
Fanden die Kinder ungleich aufregender, als wenns was geworden wäre.

Manchmal fühle ich mich wie eine Entwicklungshelferin im tiefsten Afrika, dabei bin ich doch bloß im zehnten Wiener Gemeindebezirk.
Die Aussicht, heute mit meiner missgünstigen, immernielächelnden Kollegin für längere Zeit in einem Raum sein zu müssen, macht mich vor Dienstbeginn schon so wütend und nervös, dass ich regelrecht Bauchweh davon kriege.
Ich glaube, die Supervision hat doch irgendwie ihre Berechtigung.

Mittwoch, April 1

Für den Mann ist ein Buch erst ein Buch ab etwa 1500 Seiten.
Meine neu erstandene Literatur (Julia Francke, Daniel Kehlmann, Sarah Kuttner, Bernhard Schlink, Daniel Glattauer, Charlotte Roche, Maria Sveland), allesamt schlanke Büchlein, nur Die Mittagsfrau bringt es auf 400 Seiterln, nennt er "Briefmarken": "Lieber Leser, Ruhm habe ich bereits erlangt, deshalb muss ich ihn nicht mehr schreiben und verkaufe Ihnen hiermit eine Briefmarke für nur 19 Euro 90. Ihr Kehlmann."

Dienstag, März 31

"Sie stellen wohl Ihr Licht unter den Scheffel?!"
Supervision ist super.
Jetzt liegt dieser Brief endlich endlich auf dem Postamt. Jeder Brief läuft erstmal eine Woche mit mir in der Handtasche rum, wird zerknittert, zerbröselt und abgeschlonzt, bevor ich ihn wieder nach Hause trage, ob der Umstände umsackle, wiederverklebe und irgend, irgendwann dann endlich zur Post gehe. Das ist nur, weil die 2 Postämter, die ich Städtin zur Verfügung habe, nicht direkt neben meiner Haustür sind.
Jetzt ist er abgegeben, aber dann schon Priority. Das heißt eh nix. Weniger als priority wäre economy, was bedeutet, dass sich die Post sage und schreibe 10 Werktage Zeit lassen darf.
Ich bin jetzt also wieder Studentin, offiziell. Aber eh eine Abend-, Wochenend-, bzw. bei mir Vormittagsstudentin. Nachmittags ziehe ich weiterhin meinen Häschen die Löffel lang. Ist auch ein bissl fad mittlerweile, weil ich sie mir so brav hergezogen habe, dass man fast gar nix mehr rumerziehen muss. Jetzt wollen sie alle nur noch tolle Dinge machen, die ich aufwendig vorbereiten muss. Zb. Hasen aus Petflaschen oder Wasseruhren aus Petflaschen. Oder sich darüber unterhalten, wie süß und gleichzeitig urdoof Jungs doch sind. (Was soll ich dazu sagen?)

Montag, März 30

Wenn man kein twitter mehr hat, hat man morgens das Internet in fünf Minuten durch (plus E-Banking) und kann sich auf Wesentliches konzentrieren: Die alte, neue Kaffeemaschine nach dem Duschen nur in ein Handtuch gewickelt mit der hohen Stehleiter von ganz oben aus dem Wandschrank zu holen und hoffen, nicht just splitternackt runterzufallen; sich ausgibig die Augenbrauen zupfen und daran denken, in nicht mehr als 3 Wochen im zyprotischen Linksverkehr zu einem Campingplatz direkt am Meer zu fahren; Endlich die Anmeldung für das ewig hinausgezögerte Fernstudium abschicken. Dem Mann dafür danken, dass er alle Fenster blitzblank geputzt hat und der Frühling jetzt sogar zu uns reinsehen kann. Und wir raus; den guten Kaffee aus der schicken neuen, alten Kaffeemaschine genießen; Mich darüber freuen, dass in dieser Wohnung niemand mehr raucht. Danke.

Samstag, März 28




Und diesen Sommer werden wir 3 Monate lang nur so frühstücken. In Deutschland, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Montenegro und Kroatien.
Der Mensch will sich nämlich einzigartig fühlen. Er will kein Steinchen im Kieselhaufen sein. Er will denken, dass seine Gedanken, sein Tun originär, neu, besonders sind.
Eine Nacht mit Sarah Kuttners Mängelexemplar verbracht haben, während der Mann nach 15 Wodka-Eis nachts heimkehrt. Die eigene Schwester plötzlich mit klaren Augen sehen; twitter gelöscht.
Auf einen Schlag bin ich wieder frei.

Samstag, März 14

Der Mann ist ausgegangen.

Ich bin allein daheim und liege mit einer Flasche Biozweigelt im Bett.
Der Mann hat mir eine Chipstüte aus der Küche gebracht, bevor er gegangen ist.
Er schreibt mir belustigte SMS aus dem Palais Eschenbach, wo eine wilde Erasmusparty tobt. Mir war ja gleich klar, dass wir inzwischen zur brunchenden Generation herangewachsen waren, die sich nicht mehr mit zweiundzwanzigjährigen Holländerinnen per Jägerschnaps ins Delirium kippt. Aber der Plan vom Mann ist nun mal eine lange, ausgedehnte Balkanreise im kleinen Corsa seines Bruders. Und er kennt ja jetzt diese kroatischen Unileute, und außerdem sind wir beim Couchsurfen angemeldet, was ja übrigens morgen startet. Ausgerechnet mit Franzosen! Wo ich grad noch weiß, was Ostern auf Französisch heißt. Aber nicht wie man es genau ausspricht, nur vielleicht schreiben kann ich es.

Dabei hat alles damit begonnen, dass ich eines Tages mit dem Studium fertig war.

Und was soll man machen nach so einem Studium? Und außerdem hatte ich nie richtig eine Fremdsprache gelernt. Und nie weg gewesen war ich auch nicht, nicht wirklich.
In dieser Nacht ging es um Perspektiven. Was will ich überhaupt und wo gehe ich noch kurz hin, bevor ich 3 Kinder gebäre und ein hölzernes Haus abbezahlte, mit Katzen drumrum.
Und ihr lacht da darüber, aber für mich war das ernst.
Ich konnte davon nicht schlafen (der Mann lag babyesk neben mir).
Und irgendwann schäle ich mich aus der neuen Kamelhaardecke, damals, es war ein Jänner. Mittennachts war mir klar, dass ich weggehen muss.
Und dann wurde der Plan immer perfekter. Und jetzt kommt dann bald mal der Anfang.
Irgendwie deshalb ist der Mann jetzt im Palais Eschenbach und irgendwie deshalb habe ich heute Osternester gebastelt.

Die waren übrigens sehr hübsch. Prächtige Gockel in grünem Ostergras.

Donnerstag, März 12

Dabei würde ich grad jetzt so gerne erzählen, dass es jemand gibt, den ich kenne, der jemand kennt, der weggeworfene Lebensmittel aus Supermarktmüllcountainern sammelt, nach Hause trägt und dort zu Obstsäften oder sehr brauchbaren Abendessen verarbeitet; oder dass es jemand gibt, den ich kenne der jemand kennt, der offenbar gerade sein Interesse am anderen Geschlecht wiederentdeckt und deshalb durch ständige Abwesenheit oder laute, nächtliche Telefongespräche glänzt; oder dass das Projekt Couchsurfing in einer WG, die ich kenne, die jemand kennt, gerade startet. Alles höchst aufregend, aber ich darf ja nix mehr sagen, hier!

Mittwoch, März 11

Wartet nur, es kommt bald der Tag, an dem ich euch hierher wieder eine schöne Geschichte schreibe. Zurzeit etwas gehemmt wegen twitter (Erkennen und Begreifen) und Mitbewohnern, die sich gehäuft weigern, weiterhin als Contentlieferanten zu dienen.

Dienstag, März 3

Das Wochenende war eine Katastrophe, mit einigen netten Einzelheiten. Entsetzt über mein Neffenkind und seine ihm zuteil werdende Erziehung, auch entsetzt über das sehr sanierungsbedürftige, zugemüllte Haus, das meine Mutter sich für kein Geld gekauft, aber für viel Geld und mit noch mehr Energie erstmal wohntauglich machen muss. Beides hat mich zu dem Entschluss gebracht, erstmal wieder für eine Weile in Wien unterzutauchen und mich nicht so schnell wieder heimwärtszubewegen. Nicht so leicht bei einer Schwester in Wien, die über einen überaus ausgeprägten Familiensinn verfügt und mich regelmäßig zwingt, heimzufahren. Ich erleide aber jedes, wirklich jedesmal einen Kulturschock und freue mich dann umso mehr über meine Wohnung und mein eigenes Leben, auch über meine eigenen Kinder und wie sie einmal erzogen sein werden.
Sag ich jetzt mal so.
Vermutlich aus Rache für meine Überheblichkeit oder einfach aufgrund des Erschrockenseins über die Lebensentwürfe anderer Menschen liege ich wieder krank im Bett, kann kaum atmen, habe Bauchschmerzen und bin wieder im Krankenstand.
Das ist ja etwas, was ich überhaupt nicht mag, weil ich weiß, dass sie mich in der Arbeit dringend brauchen (obwohl sie ja offenbar auch ganz gut ohne mich zurecht kommen, zumindest für die paar Tage, wo ich fehle). Jetzt mit schlechtem Gewissen dort angerufen und mich krank gemeldet, vom Arzt Antibiotika verschrieben bekommen, damit gekämpft, zuhause bleiben zu müssen, irgendwie resigniert, DVDs geschaut und ein bissl das gelesen.
Der Mann ist inzwischen ein Goldhäschen und macht Gemüsesuppe, Schupfnudeln und jede Menge Tee für mich.

Freitag, Februar 20

Die Sache, wo ich nie weiß, ob ich nun eher ein Mädchen sein will, oder doch ganz erwachsen, beruht offenbar auf irgendwelchen Zyklusphasen. Tippe auf Eisprung. Jetzt ist es jedenfalls wieder klar, wer oder was ich bin. Bis zum nächsten Mal. Oder ist es verwerflich, ein jugendliches Foto mit schick Zigarette als Profilbild zu wählen, obwohl man dem Kram längst entwachsen ist? Fühle mich dabei ein bissl schuldig, schick ist es aber trotzdem. Das lass ich jetzt mal.
Der erste offizielle Krankenstand ist wirklich okay. Es war schlau, endlich mal daheimbleiben und das alles richtig ausbrüten. Wurde ja schon von einer Kollegin gewarnt, wieoft Leute sterben, die Grippen verschleppen. Soweit wolln wir ja nicht denken, obwohl mir das durchaus logisch erscheint. Unlängst wieder so einen Film gesehen, wo ein erfolgreicher Geschäftsmann um die 60 bemerkt, dass all sein Streben, all sein Aufopfern für die Katz gewesen ist, weil seine Kinder ihn dafür hassen und seine Frau totkrank dahinvegetiert. Es passiert zu schnell, dass man das Wesentliche aus den Augen verliert.
Das war jetzt ein großer Bogen, aber ich schätze, ihr wisst was ich meine.

Sonntag, Februar 15

Das Wochenende zwiterschernd und kränkelnd im Bett verbracht, ein paar Gespräche im Esstisch, ein paar Leute angefixt und weiter geht der Spaß. Frage mich zwischenzeitlich, warum ich eigentlich vor 2 Jahren mein StasiVZ abgemeldet habe. Ich habe schließlich auch einen Blog und jetzt twitter.
Hier herrscht wohl Panik vor dem Älterwerden. Ich schau ja den neuen Fältchen genau ins Gesicht, die jetzt noch Fältchen heißen, aber nicht mehr lang, hallo Faltencremes.
Heute alte Fotos angesehen. Meine Haare sind kürzer und wesentlich dunkler als früher. Früher alles wallend, feuerrot, lang. Augenbrauen wesentlich akkurater gezupft. Ich war erschrocken, was aus mir geworden ist. Ohweh.
Dh. im Frühling wieder das Henna rausholen, bunte Tshirts kaufen, das biedere Kindergärtnerinnenoutfit hinten ins Regal räumen und hoffen, dass das alles nur eine Phase war. Die Blüte kommt doch erst, nicht?
Erst aufgehört mit dem Rauchen, Studium fertig, angefangen mit richtiger Arbeit, Geld verdient, teure Wimpertusche, dazwischen Ausfaller wie Converse-Schuhe. Da weiß man zwischenzeitlich nicht mehr genau, wer man ist. Das kleine Mädchen, das die Hellokittyunterwäsche nur dem Kerl zuliebe weggeräumt hat, oder die taffe berufstätige Halbdreißigjährige, selbständig und der biederlinken Grünpartei begetrten?

Samstag, Februar 14

Ein Knüller: Hermes Phettberg, der ebenfalls twittert und bei uns ums Eck wohnt. Er besucht denselben Supermarkt, sitzt auf denselben Parkbänken, fährt mit demselben Bus. Beziehungsweise fährt er wohl lieber Taxi, bis zur Apotheke. Bin nicht sicher, wohin das wieder führen wird, aber ich mach den Quatsch jetzt einfach mal mit. Ist ja wirklich wie geschaffen für mich, die sich tageintagaus schöne Sätze ausdenkt zum Leben, das eben grad passiert und die einfach im Nichts wieder verschwinden. Hier kann man sie hübsch archivieren, an den Unwichtigkeiten anderer teilnehmen, die ja doch wieder das einzig Wichtige in unserem Leben sind und später immer noch sehen, wozu das alles gut ist.

Samstag, Februar 7

Der Mann und ich lieben das Alleinesein.
Nur wir beide, Rotwein, Filme, im Bettrumliegen, Reden, Nichtstun, uns gegenseitig die Zeitung vorlesen, Frühstück, all das.
Wir kommen da immer mehr drauf, wiesehr wir das mögen.
Zuviele Abendverabredungen, zuviel Familie, zuviel andere Leute macht uns schlechte Laune und wir sehnen uns umsomehr nach unserem Zuzweitleben.
Weil wir so sind, klappt es auch, dass wir seit 3 Jahre zusammen in einem kleinen Zimmer wohnen, mit Wandschrank. Uns macht das nichts, im Gegenteil.
Wir lernen, wir arbeiten, wir lesen, wir treffen auch gern ab und an Leute, geben schöne Abendessen, aber den Rest der Zeit wollen wir in Ruhe gelassen werden.
Darum finden wir die Idee auch sehr schön, im Sommer für 3 Monate mit einem kleinen Auto in Osteuropa herumzufahren. Unbezahlter Urlaub, Campingzeugs, Bücher, uns.
Eine seltsame, beruhigende Erkenntnis.

Freitag, Februar 6

Bei mir in der Arbeit, wo ja eigentlich das Pädagogische voll und ganz im Vordergrund stehen sollte, sind im Laufe der letzten Jahre, nachdem die alte Chefin aus Kostengründen abgebaut und das Haus als Beiwagerl ('Dépendance') von jemand geleitet wird, der kaum eine Stunde die Woche vorbeischaut, irgendwie die Putzfrauen an die Macht gekommen.
Klingt witzig, macht aber aus einer Kita eine Kinderaufbewahrungsstelle, ganztags mit Essen. Knete und Konfetti verboten (da haben wir ja in einem halben Jahr noch das Zeug unterm Teppich.)
Irgendwie hat hier irgendjemand irgendwas nicht ganz verstanden.

Mittwoch, Februar 4

Jede Woche dasselbe, seit 4 Monaten.
Nachmittagsbetreuung bedeutet, ich gehe dreimal die Woche erst mittags arbeiten, dh. ich bleibe länger auf und schlaf länger. Klingt gut, nicht? Die Leute beneiden mich um meine Dienstzeiten. Studentisch irgendwie, aber doch Arbeit.
Ich allerdings ärgere mich inzwischen maßlos darüber. Wer nachmittags arbeiten muss, ist gezwungen, entweder seinen Vormittag zu verpendeln oder trotzdem früh aufzustehen und immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, gleich wegzumüssen, den Tag mit Besorgungen und Erledigungen 'ausfüllen', bevor der echte Arbeitstag überhaupt begonnen hat.
Irgendwie bin ich nicht so programmiert, dass das klappt.
Bisher jedenfalls.
Der absolute Nogo-Tag ist bisher der Mittwoch gewesen. Frühdienst! Von 6.30 bis 12.30 Uhr. Dh. nachts ewig wälzen, nicht einschlafen können, weil ungewohnter Rhthymus und dann mittags regelmäßig todmüde heimkommen, nachschlafen, danach natürlich grantig, dh. gesamter Tag völlig zum vergessen. Jede Woche wieder vorgenommen, endlich angestaute Dinge zu erledigen (ganz oben auf der Liste: Kontaktlinsen, Lohnsteuerausgleich, Papierkram), nie dazugekommen.
Der einzig sinnvolle Tag ist Freitag, weil 8-16 Uhr, das ist der längste meiner Tage, was komischerweise aber nicht heißt, dass ich nicht abends noch topfit wäre, um das Haus zu verlassen.
Der Mensch ist also auf nine-to-five-Jobs programmiert. Von Natur aus!
Da ich so einen Job nunmal nicht habe, muss sich diese Woche von Grund auf etwas ändern, sonst mach ich in meinem Leben nix anderes mehr als arbeiten und schlafen.

Also heute Mittag heimgekommen und: Haare gefärbt! Das heißt dann nämlich, wachbleiben müssen, bis das Zeug aus den Haaren draußen ist. Und danach wachbleiben, bis die Haare trocken sind, weil Locken und fönen oder Locken und mit nassen Haaren ins Bett legen geht überhaupt gar nicht. Sieht nämlich wie Stroh oder Vogelnest aus, so gefönt oder polstergetrocknet.
Der Mensch muss sich überlisten. Bis all das trocken ist, habe ich den Müdigkeitsflash übertaucht und kann endlich in Ruhe den Falter lesen. Brandneu, mittwochs. Nur dass ich da normal immer im Bett liege, schlafe und deswegen abends so grantig bin, dass ich ihn auch nimma lesen mag.

Dienstag, Jänner 27

Zum ersten Mal im Leben mäßig erfolgreich Biskuit gebacken.

Montag, Jänner 26

+

Nach vier Monaten das erste Mal von meiner Chefin gelobt worden, oder zumindest sowas, was man dafür halten könnte, um sich danach zu freuen.
Gleichzeitig erfahren, dass mein Job, so wie er jetzt ist, doch nicht wegrationalisiert wird, dh. für mich bis mind. Juli alles so bleibt, wie es endlich, endlich gut läuft.
Kerl plant zu Ostern einen Urlaub auf Zypern.
Wieder schwimmen gewesen.

Sonntag, Jänner 25

Gestern einen der schönsten Abende seit Wochen erlebt. Sieben Menschen, die sich jetzt schon seit geraumer Zeit ab und an treffen, auf Essenseinladungen, Geburtstagen, WG-Partys, manche sieht man mehr oder weniger oft, andere mit harmonischer Regelmäßigkeit, aber alle ticken ähnlich. Man spürt es gleich beim Reinkommen. Keine Hektik, nur Freude. Dazu ein Neugeborenes, das momentan die Attraktion schlechthin ist, ist es doch das erste im Freundeskreis. Und es ist eines der Babys, das einfach zu Abendgesellschaften mitgenommen wird und auf fremden Sofas inmitten des gemäßigten Trubels seinen Nachtschlaf hält. Das heißt, es wird jetzt im Nebenzimmer geraucht, aber sonst läuft alles wie immer.
Alle wieder ein bisschen besser kennengelernt, mit dem Nachtbus heimgefahren und froh gewesen, nur so.

Samstag, Jänner 24

Heute: dreieinhalb Jahre angestautes Zeug aus begehbarem Wandschrank räumen. Angst vor Erstickungstod durch Staubwuckerl oder Schock aufgrund ungeahnter Fünde. Achtung: Nicht in Trance versinken beim Anblick handgeschriebener Liebesbriefe aus dem Jahr 1995; derartiges blockiert die Aufräumarbeiten mind. 1,5 Stunden.
Danach: Schwimmen und einer Abendeinladung zum original Vorarlberger Spätzleessen folgen. Wir sind ja jetzt erwachsen, d.h. eine Handvoll über 25jährige, dazu ein Neugeborenes, gestillt.

Freitag, Jänner 23

Ein Schluck Bronchientee, ein Schluck Rotwein.
Dazu Amour fou auf 3sat, oder doch lieber Monk.

Donnerstag, Jänner 22

Und damit meinte ich nicht, dass ich an den Falten arbeiten muss, sondern daran, zu glauben, dass ich mit meinen blumigen 27 Jahren gegen meine hauchzarten Lachfältchen bereits Creme auftragen muss, um Anzeichen des Todes fernzuhalten.
Gestern übrigens schichtenweise den Berg abgearbeitet: Besitze nun 5 neue Pullis, 2 neue Hosen, 1 neue Brille, Monatslinsen, einen Regenschirm, neue Unterwäsche, eine neue Haube, einen neuen Schal und neue Haargummis. Niemals zuvor soviel an einem Tag gekauft. (Filed under: echtes Arbeitsleben und seine Vorteile.)

Mittwoch, Jänner 21

Der Übergang in die Arbeitswelt und seine Kinder

Seit 4 Monaten arbeite ich nun richtig. Also so, dass auch mein Papa glaubt, es sei 'richtige' Arbeit. Und seit genau diesen 4 Monaten häuft sich ein Riesenberg von großteils privaten Dingen an, die ich mit feinsäuberlicher Prokrastination vor mir herschiebe.
Darunter mindestens 4 Artztermine, ein Besuch beim Optiker, der schon seit 21. November neue Kontaktlinsen für mich bereit hält, die ich aber nie in der Lage war, abzuholen (Kontaktlinsen anpassen dauert 2 Stunden), während meine Augen immer jämmerlicher versuchen, den Teletext zu lesen (meine Mama hat meine Brille erledigt, - höchstwahrscheinlich mit dem Auto überfahren, aber sicher ist sie sich nicht).
Der Dezemeber ist sowieso immer ein Wahnsinn, weil man keine Zeit zum Atmen findet, obwohl Advent, Besinnung, Zurruhekommen, Ferien. Bei uns war das alles nichts, weil wir zwischen 23.12. und 6.1. wie die Irren zwischen zig Familien und Freunden hin- und hergereist sind, um an den einzig freien Tagen (ein weiterer Nachteil echter Arbeit) möglichst alle sehen zu können, die eben unterm Jahr nicht zu Gesicht zu bekommen sind.
Für Jänner steht also an: Haut- und Zahn- und Hausarzt, Bürokratie für die Arbeit erledigen, den Wandschrank, der in 3,5 Jahren zum Bersten vollgeworden ist, auszusortieren, um für neues Klumpat Platz zu schaffen (seit Weihnachten besitzt unsere Wohnung 2 Tortenstürze). Das Zimmer gehört geputzt, Regale lackiert, der Lohnsteuerausgleich gemacht, ich bräuchte neue Kleider und jemand müsste zum Ikea fahren.

In den letzten 4 Monate habe ich einfach nichts anderes gemacht, als mich an meine neue Arbeit zu gewöhnen. Was es bedeutet, Verantwortung für 13 kleine Lebewesen zu haben, 13 Kerlchen zufrieden zu machen, ihnen Mahlzeiten, Zuwendung, Hilfe, ein schönes 'Zweitzuhause' zu bereiten, ihnen (vorallem ihren wunderwitzigen Phantasiegeschichten) zuzuhören, sie jeden Tag pünktlich von der Schule zu holen, mit ihnen täglich unbeschadet die Triesterstraße zu überwinden, eine Grippe zu übertauchen, um ein Halloweenfest mit ihnen feiern zu können, ihnen beizubringen, dass Wassertrinken gut und dickflüssigen Safttrinken weniger gut, dass Händewaschen mit Seife einfach mehr, und sich währenddessen im Klo zu 'zerschlagen' weniger Sinn hat, dass 'Guten Appetit' zu sagen gar nicht so schlimm und mal bei einem Spiel zu verlieren einen nicht veranlassen muss, mit dem Kopf auf den Tisch zu schlagen.
4 Monate in denen ich lernen musste, was eine typische 'Weiberwirtschaft' am Arbeitsplatz überhaupt bedeutet und wie man damit klar kommt. 4 Monate in denen ich versucht habe, berufliche Hierarchiesysteme zu begreifen und in ihnen nicht unterzugehen, mich zu behaupteten, auf meine Fähigkeiten zu vertrauen und nicht den Mut zu verlieren, dass all das ohnehin keinen Sinn hat, weil der Einfluss, den man auf diese 13 kleinen Wesen hat, ohnehin von der restlichen Umgebung zunichte gemacht würde (spätestens wenn sie aus der Grundschulzeit raus sind).

Ein Erfolgserlebnis kann allerdings berichtet werden: Ich war schwimmen. Und zwar nicht nur einmal, sondern bereits 3 Mal dieses Jahr, je eine Stunde. Der Kerl ist grün vor Neid. Das ist ein Vorteil der Arbeit. Man muss sich keine Gedanken mehr machen, dass eine Hallenbadkarte um 5,20 Euro für kurzmal Schwimmen einfach nicht leistbar ist, das Bimticket dahin gar nicht mit eingerechnet. Man schiebt Summen auf Sparkonten von denen man früher monatelang hätte studieren können, weil man anfangs wohl noch gar nicht so genau weiß, was man mit dem verdienten Geld genau machen sollte. Der Lebensaufwand ist ja nachwievor derjenige finanzgebeutelter Studenten.
Ich leiste mir jetzt auch Faltencreme; das ist ein weiterer Punkt, woran ich dringend arbeiten muss.