Mittwoch, Dezember 23

In Wien ist die Hölle los. Vielleicht ist mir das die letzten Jahre nur nicht aufgefallen und es war schon immer so. Aber dieses Jahr ist der Wahnsinn. Donauzentrum, Mariahilferstraße, Stephansplatz. Nach diesem Einkaufsvormittag war es beinah ein leises Vergnügen, in den Kindergarten arbeiten zu gehen. Da gibt's bloß 50 Menschen, alle klein, obschon mit lauten Organen. Die Kinder waren naturgemäß alle in Hochstimmung, wie auch wir selbst. Das letzte Mal den Adventkranz angezündet, um halb 6 waren alle draußen. Beim netten Chinamann ums Eck schnelles Essen geholt, eine Dose Cola umsonst, ein warmer Pflaumenwein zum Warten. Der Glutmatschock sitzt mir noch in den Knochen, aber es gibt kein Ausruhen. Packen, Duschen, Anziehen, Westbahnhof. Der Nachtzug fährt um 22:44. Das erste Mal Liegewagen, halleluja. Um 8:08 bin ich dann in Bregenz, um dreiviertel zehn am Ziel.

Dienstag, Dezember 22

Ich mag meine Arbeitskolleginnen.
Dass ich das einmal sagen darf.

Montag, Dezember 21

Schon mal erwähnt, dass ich früher nicht sonderlich nett war?
Dafür hab ich jetzt eine schmerzhafte, virale Infektion an den Mandeln, die, nicht behandelbar, erst in ca. 1-2 Wochen (d.h. meine kompletten Ferien) abheilt und jederzeit wiederkommen kann? Da sagt noch einer, es gäbe kein Karma mehr.
Gibt's wohl, wartet nur nicht mehr bis zum nächsten Leben.
Im September 2002 war ich noch richtig pummelig, dafür hatte ich lange, schöne Locken bis über die Schulterblätter und ein niedliches, rundes Babygesicht. Mit so Wangerln, all das. Sieben Jahre ist das jetzt her, dass der Mexikaner uns an diesem Abend gefilmt hat, um seinen Abschied zu feiern. Jeder einen Schnaps in der Hand, jeder um ein Abschiedswort ringend. Statt dem schlauen Kerl alles erdenklich Gute für sein Leben zu wünschen, wünschte ich ihm sieben mexikanische Kinder von sieben mexikanischen Frauen. Für mich war er kein hochbegabter Sprachenlerner, kein erfolgreicher, aufstrebender Guatemalese (er war in Wirklichkeit kein Mexikaner, wie ich ihn anstatt des Vornamens immer nannte), der in der Umweltpolitik Karriere machen würde. Für mich war es ein Gigolo, der Sonntag morgens mit nacktem Oberkörper in der Küche rumgammelte. Einmal versuchte ich ihm glaubhaft einzureden, dass nackte Oberkörper in der Öffentlichkeit in Österreich verboten wären. Er ging straks in sein Zimmer um sich anzuziehen, bis er mir schließlich auf die Schliche kam.
Der kann sich glücklich schätzen, dass diese garstigen Wünsche bisher nicht in Erfüllung gegangen sind.

Sonntag, Dezember 20

Der Mann ist jetzt also nach Bozen gefahren. Auf eine Hütte mit Freunden. Und ich sitz hier, mit geschwollenem Hals und muss noch 3 Tage abarbeiten, bis ich in einen Euronight inkl. Frühstück Richtung Westen steigen kann.
Das erste Mal Weihnachten ohne meine 3 Schwestern.

Mittwoch, Dezember 16

Das erste Mal Massage im Physikalischen Institut Donauzentrum.
Man darf entspannt sein.

Dienstag, Dezember 15

Wer krank ist, bitte den Zucker reduzieren, wenn nicht gar streichen. Zucker killt Vitamin B und Vitamin B wird ganz dringend für die Genesung gebraucht. Und bei Antibiotika Joghurt. Heute gelernt.
Wer reizüberflutet von der Arbeit heimkommt und sich erst mal 10 Minuten ins dunkle, ruhige Schlafzimmer legt, um runterzukommen, gewinnt Abendfrieden.

Montag, Dezember 14

Jetzt eben Antibiotika.
Der Doktor flirtet schon mit mir, weil ich langsam zum Dauergast mutiere. Kaum war die Magendarmsache wegtherapiert, begann mein Hals anzuschwellen. Und mein Ohr sich zu entzünden, bravo. Die letzte Woche war auch kein Spaß. Eine Grippe, ein Dauergast, der den Mann jeden Abend zum Nachtdurchzechen animierte, eine WG-Party, ein Ausflug nach OÖ für einen 70er mit der kompletten Familie. Dazwischen 40 Babys gewickelt, 30 Kinder und 1 weinende Kollegin getröstet, 5 Fingerspiele, 17 Bilderbücher vorgelesen, 47 Weihnachtslieder gesungen, 2 Elterngespräche (eines wegen Silvesterkracher im Kindergarten), 90 Portionen Essen ausgegeben, usw. usf.
Die Oma ist jedenfalls jetzt 70 Jahre alt. Ich hab sie nie so stolz und glücklich gesehen, wie auf diesem Geburtstagsfest. 2 Töchter, 2 Schwiegersöhne, 7 Enkel, 6 Schwiegerenkel, ein Urenkel, ein Stiefurenkelkind. Und alle ganz prima.

Dienstag, Dezember 8

Heute gibt's Fleischknödel mit Rotkraut, meiomei.
Bis ich 17 oder 18 Jahre alt war, bestand meine Mutter jeden Sonntag abend im Dezember aufs Adventsingen. Egal, wo ich war, bei wem ich übernachtet hatte, was ich sonst vorhatte, Sonntag abend musste ich zuhause sein und mitsingen. Kerzenanzünden, Flöte- oder später Gitarrespielen, Mandarinenessen. Es war ihr ganz wichtig, dass wir alle uns bekannten Strophen all jener Weihnachtslieder, die sie uns beigebracht hatte, absangen. Sie selbst ist eine sehr gute Sängerin, sie singt hoch und klar. Wir Mädchen sind da weit weniger talentiert, obwohl wir schultypbedingt sehr viel musikalische Bildung genossen haben. Das ganze Adventsingen dauerte ca. eine dreiviertel Stunde, danach durfte ich das Haus wieder verlassen.
Das ist die Art von Sicherheit, die unsere Mutter uns immer geboten hat, so chaotisch sie in der Haushaltsführung sonst auch war.
Mittlerweile versuche ich den Kita-Kindern ähnliche Erlebnisse zu ermöglichen. In der Ruhestunde, wenn die Jüngeren auf kleinen Matratzen im Raum ihren Mittagsschlaf halten, sitze ich mit den wachen Kindern in der Mitte des Raumes um den Adventkranz und wir singen unermüdlich das ganze Weihnachtsliederbuch.
Die Kerle sind jetzt nach langem Traraa, palettenweisem Bierkauf für die Party und etlichem Herumgenöle, dass so ein althergebrachtes Sifferleben gaaanz schön anstregend ist und sie jetzt doch gerne mal "was Kulturelles" machen möchten, ins Naturhistorische Museum abgerauscht.
Nun ist es wieder kuschelig sauber und aufgeräumt.
Jetzt nur noch den Magen beruhigen, nachdem ich ihm unbedacht auf nüchternen Zustand zwei Tassen starken Kaffees reingeschüttet habe. Jetzt fühlt es sich an, als hätte ich Zitrone in offene Wunden geträufelt. Dann wieder zurück zum Schonprogramm und der "Jägermeister-heilt-alles-Theorie" widerstehen.
Der Mann und sein Freund verbarrikadieren sich seit drei Tagen im Arbeitszimmer und zocken irgendein dümmliches Ballerspiel. Einerseits ist das supersüß. Sie sind beide Mitte Zwanzig, finden es aber derzeit richtig heilsam, sich wie 15 1/2 zu benehmen. Irgendwas ist eben mit den beiden, dass sie diese Auszeit so dringend nötig haben. Andererseits. Zwei Männer, zwei PCs, zwei Dosenbier. Das Arbeitszimmer sieht zuweilen aus wie Jungscharlager.

Ich bin solang krank, sehe den ganzen Tag zum Trotz dümmliche Mädchenfilme und widerstehe ihren wiederholten Aufforderungen, mich mit meinem Laptop dazuzugesellen und ihnen beim "Abschießen" zu helfen. Seit heute Mittag geht es mir wieder etwas besser, der Arztbesuch und die Fülle an Medikamente haben das Seine dazugetan, dass ich wieder etwas rumhüpfen kann. Und Geschirrspüler ausräumen. Das haben die Herren der Schöpfung nämlich auch schon eine Weile nicht mehr getan. Den Jungscharlagerkram habe ich sorgfältig in den Wandschrank reingestapelt, während die beiden kurz in der Stadt waren, um beim Faschingsprinzen Schnurrbärte für die Party am Freitag zu besorgen. (Fragt nicht! Für mich haben sie ein Glitzerleopardentop mitgebracht.)

Dafür kochen sie jeden abend sehr lecker. Mir nützt das trotzdem nichts, weil ich doch gar nix behalten kann. Hühnerbrühe und Zwieback, halleluja. Dafür hab ich jetzt ein Rezept für 10 Mal Massage, kleine Kindergartensesserl sei Dank.

Montag, Dezember 7

Emma und Benni könnten sie heißen, die beiden.

Sonntag, Dezember 6

Der Mann hat sich für eine Woche einen Freund zum Spielen eingeladen.

Samstag, Dezember 5

Nach zwei Tagen Bettlägrigkeit, unterbrochen von viertelstündlichen Kotzanfällen und heftigen Kopfschmerzattacken, endlich soviel Kreislauf und Energie aufgebracht, zu duschen. War bitternotwendig. Fühlt sich gleich besser an, auch wenn das Lockenkämmen wohl auf übermorgen verschoben werden muss, wenn die nächste stabile Kreislaufphase erreicht werden könnte.
Ja, in so einem Kindergarten holt man sich wirklich alles.

Mittwoch, Dezember 2

Wenn die lieben Mädels, mit denen ich fünf Jahre lang die Schulbank drücken musste, nur wüssten, wieviele negative Gefühlscocktails sie meinem Körper mit ihrer Einladung zum zehnjährigen Maturatreffen antun. Nicht nur der zehn Jahre wegen.