Wir waren verreist.
Eigentlich wollten wir nur ein paar Wochen mit dem Zelt in den Süden, hauptsächlich Kroatien. Daraus geworden ist eine Fahrt durch mehr als zehn Länder. Der Mann saß am Steuer, ich daneben, den Europaatlas auf meinem Schoß.
So fuhren wir durch Danzig, Warschau, Krakau, Bukarest, Istanbul, Tirana.
Tirana liegt in Albanien. Und Albanien am Meer. Sieht aus wie Griechenland oder Italien, bloß auf der Seite des Meeres, wo niemals wer hinkommt.
Wo auch ich im Leben nicht hingekommen wäre, säße ich nicht am Beifahrersitz eines Mannes, der sagt: Das wird toll, wirst sehen.
Es wurde toll und ich sah.
Dieses Sehen hält immer noch an.
Ich sehe mein Leben und das Leben allgemein, die Menschen, die Stadt, das Land, in dem ich aufgewachsen bin, mit wacheren, klareren Augen.
Ich sehe mich. Ich sehe meine Familie, meine Herkunft, meine Eltern.
Ich sehe meine Ausbildung, meine Schulzeit, meine Kindheit.
Ich sehe meine Beziehungen, mein Erwachsenwerden, meine Sexualität.
All das kann ich plötzlich erkennen, umgrenzen, wahrnehmen, herausfiltern.
All das kann ich jetzt sehen, als das, was es tatsächlich ist.
Dann denke ich, gut gemacht, meine Liebe. Das läuft doch alles ganz hervorragend.
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