Mittwoch, Februar 27

Je m'appelle Mme incendies de forêt

Mein Französischkurs ist so wundervoll. Ich liebe ihn!

Sonntag, Februar 24

Tag sinnlos, was kommt nu?

Wisst ihr, heute ist so ein Tag. Das liebenswürdigste aller Kerlchen hat Bauernbrot gebacken, das nach einer Stunde schon halbleer gegessen ist, lernt kapitelweise wie man Pipi und Lulu mittels pflanzlicher Bakterien wieder in liebes Trinkwasser umwandelt, das kleine Mädchen hat bereits morgens die Hütte glänzend geschrubbt, der Nachbar hinter der Wand erwartet 'Lernbesuch' und kocht abends Wiener Krautfleckerl (Rezept verheißt 1 Tube pasteurisiertes Tomatenmark, ist das normal?).

Und ich? Ich nöle rum.

Dabei weiß ich, dass nölen kontraproduktiv ist. Ich nöle rum, weil das Kerlchen lernt und keine Zeit für mich hat. Ich nöle rum, weil die Sonne scheint, ich allein aber nicht rausgehen mag. Ich nöle aber vorallem und eigentlich, weil ich kein Bewerbungsschreiben verfassen kann. Ich schaffe es nicht.

Immer wieder fragen mich Leute, die Jobs suchen, weil ich doch Lesen & Schreiben studiert hätte, ob ich ihnen nicht die eine oder andere Motivationszeile ausfeilen würde. Dann sage ich problemlos ja, lese kurz durch, was derjenige fabriziert hat, feile, bessere, glätte und kürze. Und siehe da: Am Ende hatte jeder von denen sein Bewerbungsgespräch mit Chance auf regelmäßiges Gehalt, inklusive Pensionsjahre.

Nur bei mir selbst will das nicht so recht klappen.

Mittwoch, Februar 20

Hoch is'

Ich habe ein fertiges geisteswissenschaftliches Studium. Abgeschlossen, fixfertig.

Mein Vater, der Autoverkäufer, schlägt mir allerdings hin und wieder vor, ich könnte mich doch als Assistentin (nennen wir es Sekretärin) bei der Bundesregierung bewerben. Da ist man fix angestellt! Mit Pensionsjahren! Heute ruft mein Vater, der Autoverkäufer, der mit diesem Job in der Tat viele Jahre lang meine Alimente bezahlt hat, bei mir an und wundert sich, warum ich gestern abend am Telefon nicht abgehoben habe.
Als ich ihm treuherzig erzähle, ich sei im Kino gewesen (den vorherigen Besuch im yak+yeti habe ich wohlweislich unterschlagen), sagt mein Vater, der Autoverkäufer, der mich gerne als Tippse an den Bund verhökern würde: "Du musst aber viel Geld haben."

Das alles ist nicht so schlimm, wie es klingt, ehrlich. Er meint es nicht so. Es ist nur nicht seine Welt. Meine und seine Welt sind sozusagen völlig voneinander abgetrennt. Er kann zb. mit meinem Französischkurs, den ich ab Dienstag belege, nichts anfangen. Oder als er das erste (und einzige) Mal in meiner wunderschönen Altbauwohnung war, wusste er nichts Besseres zu tun als zum Plafond aufzublicken und zu sagen: "Hoch is'."

Er versteht es nicht, warum ich lieber ein paar Monate flexibel im Museum am Empfang arbeite, um davor und danach nach Paris und Goa zu fahren, und zwischendrin noch mehr Dinge zu lernen, Bücher zu lesen, ins Kino zu gehen, Nepalesen zu besuchen, aus dem Fenster zu starren.

So sammle ich wahrlich nie Pensionsjahre, da hat er Recht.

Montag, Februar 18

Nein, diese Suppe ess ich nicht

Der Gründe, warum hier seit Tagen nichts nachkommt, sind viele. Einer z.B.: ich arbeite an einer Beschreibung meiner WG. Das ist viel schwieriger als ich dachte. Man kann ja nicht einfach die Leute so beschreiben, wie man sie sieht. Der eine fühlt sich womöglich total falsch angefasst. Und wenn dann noch seine Schwester mitliest, die einen sehr stark ausgeprägten Beschützerinstinkt hat, dann kriege ich womöglich noch eine am Deckel. Gestern bin ich ja schon missgünstig genug gewesen: Meine WG mag nämlich den Sonntag abend. Das ist ein Fixpunkt, ein Ritual, mit Rotwein. Es gibt immer, immer Kerls Superspaghetti, diesmal hätte es als Nachspeise sogar Apfelkuchen mit Gitter drauf gegeben. Der Kerl macht sowas für uns, wenn er gute Laune hat. Aber was ist gestern passiert. Eine Exfreundin von meinem Mitbewohner kommt, lädt sich ein, kommt (wie immer, auch wenn sie es immer abstreitet) zu spät, will aber, aus dem Drang heraus, sich irgendwie nützlich zu machen, Suppe kochen.
Man muss sich nun vorstellen. Wir wollen nix als unsere Spaghetti, dazu Rotwein, danach Kuchen. Dann kommt (die Nudeln kochen schon!) eine Exfreundin eines Mitbewohners und beginnt in der Küche (mitten unter Kerls Spaghettizeugs) Karotten zu reiben, Haferflocken anzubraten und daraus (sic!) ihr Süppchen (Vorspeise denken Sie? Ja, aber falsch gedacht!) zu brauen.
Es kommt, wie es kommen muss. Nudeln fertig, wir sitzen am Tisch, schöpfen uns reichlich Kerls Pastasauce, reiben Parmesan darüber, tönt es aus der Küche: "Suppe ist fertig."
Ich bin ja dann immer sehr gemein und ess diese Suppe nicht. Ich bin kein Anstandsmensch, der nach Sattmachespaghetti noch Suppe (aus Haferschlonz!) nachschiebt, um die Exfreundin von jemandem glücklich zu machen. Ich sag auch mal direkt, dass ich solche Aktionen doof finde.
j² sagt allerdings: Sei doch mal nbisschen toleranter.
Und ich sage: Recht hat er. Es ist seine Sache, eine Exfreundin zu haben, die solche Dinge glaubt tun zu müssen. Mich geht das nix an. Ich will doch nur mein Abendessen! Ich liebe mein Abendessen und ich liebe es nicht, wenn jemand kommt und sich dreinmischt. Jeder darf bei uns dabeisitzen und mitessen, sofern es irgend möglich ist. Wir laden Gott und die Welt ein. Wir haben ein Abrechungssystem für Gäste! Wir sind eine gästefreundliche WG! Ehrlich. Aber Haferschlonz nach Kerls Nudeln, ne.
Ich will das mit der Toleranz wirklich üben. Ich versuche es.
Heute zb. schon Kaffee aus der neuen, brutal hässlichen Kaffeemaschine getrunken.

Dienstag, Februar 12

Ich bin vielleicht bescheuert und habe mir am Valentinstagabend einen Dienst reindrücken lassen.

Sonntag, Februar 10

Die Sache entwickelt sich.

Nach einem zwangsfreien Wochenende (2 lange Dienste storniert), zum Nachdenken gezwungen worden. Es fruchtet. Obzwar nach etlichen Tränen und Essflashs (Kerl reißt mir 1/2 Kilo getrocknetes Obst aus der Hand, weil ich drauf und dran war, alles auf einmal reinzustopfen).
Es reift. Es gärt.
Jetzt muss ich nur noch Acht geben, mich nicht durch andere Menschen von meinen Plänen abbringen zu lassen. ("Was, das willst du wirklich tun?")

Diese Woche: 1 gutes Fußballspiel ("Wer nicht hüpft, der ist ein Piefke.")
1 erneuter, besserer Aufenthalt meiner Schwester (es besteht Hoffnung)
Nächste Woche: j²s Schwester, die einen ähnlichen Ausbildungsweg geht, wie ich ihn mir grad ausmale (Plan A: Um Rat fragen)
Hauptbibliotheksausweis am Urban-Loritz-Platz machen lassen und nach den wirklich wichtigen Büchern suchen.

Samstag, Februar 9

Ein Samstag,

wie man ihn augenblicklich aus dem Kalender streichen könnte.
Gestern schon ein schrecklicher Freitag (Kerl hat äußerst teure Zahnprobleme). Abends half nur noch Schnaps und den Affenmachen.
Und heute: Eine Tüte Chips gegessen und ein mittelmäßiges Buch zuende gelesen. Mir ist schlecht, ich bin seit morgens um 11 miserabel gelaunt, meine einzige Hoffnung ist das Abendessen.
j², der Kerl und ich sind ganz allein daheim. Es gibt selbstgemachte Fleischlaibchen mit Kartoffelsalat. Danach gehen der Kerl und ich zur Videothek und leihen was aus. Wir lieben es im Bett zu liegen und Filme zu schauen, wenn wir müde sind.
Und wir sind derzeit sehr müde.
Nachmittags überlegt, was aus meinem Leben werden soll, aber es zeichnet sich keine Lösung ab. Ich bin rat- und tatlos. Selbst das Nichtstun macht mir keinen Spaß. Ich wüsste sogern, was ich zu tun habe. Ein paar Infomails rausgeschickt. Kerl und ich möchten im April nach Paris, was die Jobssuche erschwert.

Sonntag, Februar 3

Es geht uns gut

Dazu kann ich nur sagen, einfach unglaublich. Philipp, die Hauptperson und doch nur der letzte Rest einer einst großen Familie, ist der Typ, den wir alle aus dem echten Leben kennen und der uns mächtig auf den Sack geht, weil er nix auf die Reihe kriegt. Aber er ist allgegenwärtig, zudem noch Erbe. Und Enkel eines ehemaligen Ministers aus den 50er-Jahren, der den Staatsvertrag mit ausverhandelt hat, aber auf allen Fotos fehlt. Wegen einem eitrigen Zahn.

Arno Geigers Es geht uns gut ist ein Roman, den ich in einer Woche gelesen habe, 400 Seiten. Sogar morgens in der Ubahn hab ich ihn gleich als erstes rausgekramt, obwohl ich sonst zum Lesen zu müde bin und nur ein bissl schaue, was die Gratiszeitungen so verbrechen.
Die Idee ist gut und groß. Der Autor gliedert den Roman in 21 Kapitel, die mit Daten überschrieben sind und jeweils einen einzelnen Tag im Leben der Familie Sterk beschreiben.
Diese Tage reichen vom 6. August 1938 bis zum 9. Oktober 1989, die eigentliche Handlung (Philipps) spielt im Frühjahr 2001. Die einzelne Tage werden jeweils aus der Sicht eines anderen Familienmitgliedes beschrieben.

Sowas mag ich, ich bin da ja ganz sentimental. Vergangenheit, Gegenwart, das Leben als Ganzes besehen. Großeltern, die als typisch österreichisch beschrieben werden können, vielmehr als typisch wienerisch. Mann im Ministerium, Frau Hausfrau, 2 Kinder, Villa in der Nähe des Lainzer Tiergartens, Kindermädchen, Bienenzucht, rosige Zeiten, Verfall, Tod.
Man liest und sieht. Erstens dass man nicht willkürlich so geworden ist, wie man ist. Dass hinter jeder Existenz und hinter jedem Lebensentwurf eine Familiengeschichte steckt, die man zu beachten hat. Die man nicht verleugnen kann, die wirkt. Die man vielleicht gar nicht kennt, weil man stets denkt, durch Zufall in die Welt geworfen zu sein, ganz für sich.

Menschen wie Philipp sind nicht umsonst so geworden, fast bewegungslos.

Am sympathischsten und am traurigsten fand ich die Gestalt seiner Mutter, Ingrid. Sie rebelliert als junges Mädchen bereits gegen ihren starren Vater, wird nach langem Studium Ärztin, heiratet unstandesgemäß einen Loser, der sein Leben erst auf die Reihe kriegt, als sie selbst in der Donau ertrinkt (ein schockierendes Ereignis im Verlauf der Geschichte, das sich mir erst später erschlossen hat) und ihm zwei kleine Kinder hinterlässt.

Man liest und wundert sich. Woher der junge Kerl, der das geschrieben hat, diese Dinge weiß, von denen er so eindringlich schreibt. Woher nimmt er den Mut, das Leben als Ganzes zu begreifen und den Atem, diese Erkenntisse auch aufzuschreiben.

Arno Geiger: Es geht uns gut, dtv 2005.

Freitag, Februar 1

Schuld und Sühne

Heute, abgesehen davon ein 5-Gänge Menü für 60 Personen serviert zu haben, das zur Abwechslung richtig lecker gewesen sein muss (die Teller wurden regelrecht ausgekratzt, es gab zb. Erbsenpüree), was wirklich Unglaubliches, Niedagewesenes getan.

Mich bei meiner Mutter entschuldigt.

Die 3 Teile Krieg und Frieden, in denen es eigentlich nur ums Verzeihenkönnen und seine wundersame Wirkung auf dieselbst, eigene Seele geht (im Grunde eine vollkommen egoistische Tat, aber gut), haben seine Wirkung getan. Mein Kerl und ich schauen das zur Zeit nonstop. Immer ein Stückerl, 7 Stunden lang. (Schon im Buchladen nach einer passenden Leseausgabge gesucht, aber die Seitenanzahl!) Der vierte Teil kommt sonntags, zum Frühstück im Bett.

Also ein SMS geschickt: Liebe Mutter, verzeih mir, es war meine Schuld. Liebe Grüße, dein Kind.
Ich sage, es fühlt sich gut an. Sie hat zurückgerufen, aber ich war ja, wie gesagt, regelrecht ausgekratzte Teller abservieren.
Ja okay, es war bloß ein Sms, aber immerhin! Und ja: Vielleicht war es wirklich meine Schuld. Mit 26 muss man sich in der Tat nicht mehr auf Muttern verlassen.