Donnerstag, Juli 26

Sommerpause. Lernpause. Lebenspause.

Finished. Meine Diplomarbeit wird grad zum letzten Mal ausgedruckt und morgen meinem Professor abgegeben. Ab JETZT 2,5 Wochen Urlaub. Grillen, Geburtstagsfeste, Bodensee und mit ein bisschen Glück Musik unter Wasser, wenn das Paket bis morgen Mittag ankommt. Dann noch drei Tage Sziget nachgeschoben. Als Urlaubslektüre, zum Ausgleich zu dem literaturwissenschaftlichen Quatsch, den ich sonst so mache, mal doll naturwissenschaftliche Populärwissenschaft, kompakt vom Urknall zum Weltuntergang, in 668 Seiten.
Heute noch kurz ein zweiter Anlauf für Dr. Strangelove, diesmal vorsichtshalber eingedeutscht. Während dem Essen vorhin schon mal vorausschauend von den Basilikum-, Majoran- und Oreganostauden verabschiedet. Macht's gut, ihr Lieben.

Dienstag, Juli 24

[...]

Der Karomann hat mich etwas in Verzug gebracht, deshalb gibt es heute wieder eine Nachtschicht. Keine Nachtgeschichte. Soll ich mir jetzt noch Kaffee besorgen? Von meinen Verzweiflungs- und Euphoriestürmen, die er offenbar unglaublich witzig findet, ist mir der Kerl einfach eingeschlafen; er nimmt mein Gejammere nie ernst, er lacht sich halbtot dabei. Das klingt böse, ist aber irrsinnig tröstlich. Ich nehme meine Verzweiflungstiraden ("Ich hasse meine Diplomarbeit") auch nicht mehr so ernst. Heute waren wegen des Regens einfach zu viele Kinder bei ihm gewesen, denen er erklären musste, dass man kein Essen ins Klo wirft.

Achung! Der Mann im Karohemd geht um

Die Nachtschicht hat was gebracht, 4 Stunden Mehrarbeit, die am Ende der Woche bestimmt fehlen würden. Aber der heutige Tag hat trotzdem nicht gut begonnen. Zuerst war die Kaffeekanne schon leer, als ich in die Küche kam, kein Brot, nur ein bisschen Milch im Kühlschrank, kein Obst, kein Gemüse mehr. Kaffee aufgestellt, PC an, hingesetzt, Mails gelesen. Es klingelt. Ich denke sofort an den Installateurmann, freue mich, dass er schon früher kommen konnte, um meinen Warmwasserhahn zu reparieren und eile zur Wohnungstür. Eine warme Dusche, denke ich schwärmend, und öffne das Gatter frohgemut, ohne zuvor durchs typisch Wiener Guckloch zu linsen. [Fehler #1]

Vor mir steht der Mann von der GIS.

Hilfe!

Ich reagiere seltsamerweise so, als wäre es einer, den ich schon lange erwartet hätte. Mein Gesichtsausdruck muss ihm vermittelt haben: "Ach Sie sinds. Endlich." [Fehler #2]

Dieser penetrant freundliche Kärntner erklärt meinem verdatterten Gesicht, dass er uns die 16 Monate, die wir seinen Verein bisher geprellt haben, gütig erlässt und dass wir froh sein sollten, dass nur er (und nicht sein fieser Kollege) zu uns gekommen ist. Ich verziehe dankbar die Mundwinkel. Menschen, die Jobs nachgehen müssen, wie der Mann von der GIS, um ihre Kinder ernähren zu können, tun mir von vornherein so leid, dass ich nur passiv dastehe das Prozedere ohne Widerrede über mich ergehen lasse. [Fehler #3]

Der ganze Plan, den wir uns schon seit Jahren zurecht legen, ist mit einem Schlag dahin.
Plan A: Nicht aufmachen
Plan B: Türe schnell zuwerfen
Plan C: "Ich bin nur zu Besuch hier, kommen Sie in 3 Wochen wieder."
Plan D: "Wir haben gar keinen Fernseher und Sie dürfen hier sowieso nur mit Durchsuchungsbefehl rein. Wiederschaun!"

k kommt zu Hilfe und ringt dem Karobehemdeten einen Antrag auf Befreiung der Fernsehgebühren ab. Bringt eh nix, weil wir nicht berechtigt sind. Wir sind zwar arm wie Kirchenmäuse, kriegen das aber von keiner Behörde bestätigt. Ich gehe wieder rein und informiere den Kerl am Telefon. [Fehler #4]

Kerl tickt aus. Er hätte es dem Typ schon gegeben, in seiner alten Wohnung konnte er den GEZ-Mann hunderte Male abwimmeln, ob ich nicht mehr wüsste, was wir für so einen Fall besprochen hätten,... Ich schreie ins Telefon, dass ich verdammt nochmal andere Sorgen hätte, als einem armen GIS-Mann in die Eier zu treten. Was kann der dafür? Soll man ihm zu seiner undankbaren Tätigkeit auch noch die Türe ins Gesicht schlagen. Kerl und ich reden etwas überemotional, ich lege auf, Kerl ruft zurück, entschuldigt sich, ist aber immer noch angefressen, dass wir ab jetzt 22 Euro im Monat hinblättern müssen. Geteilt durch 5 natürlich. Trotzdem. Argumentative Darlegungen meinerseits, Fairness und so, schlägt der Kerl kurzerhand in den Wind. Obwohl er sonst nett ist und darauf besteht, dass wir Bio-Fairtrade Bananen um den 4fachen Normalpreis kaufen.

Nachher denke ich: Wäre mein Leben grad nicht so eindimensional und würde meine Diplomarbeit nicht jedewede meiner eloquenten Fertigkeiten ausnahmlos morgens bis abends in sich aufsaugen und mich für den Rest der Welt zwischendurch stumm wieder ausspucken, hätte ich dem Typ gern ein paar Fragen gestellt. Was der den ganzen Tag erlebt, geht sicher auf keine Kuhhaut. Er sollte vielleicht bloggen.

Nein, dieser Mann kann einem echt leid tun.

Montag, Juli 23

Lege heute Nachtschicht ein.

Unlängt auf der Germanistentafel (dort, wo noch echte Zettel aus Papier hängen, von jenen, die das Germanistenforum nicht kennen und welchen, die Lektoratsarbeit und Spanischkonversation verkaufen) gelesen, dass große Arbeiten nicht ohne eine durchgemachte Nacht auskommen. Stimmt das? Mal sehen, wie lang ich durchhalte. Extra nachts Kaffee getrunken, obwohl ich das nie tue. Und ich merke jetzt schon, das steht mir nicht. Ein nervöses Pochen unterhalb der Stelle, wo Jungs ihren Adam herumtragen. Unkontrollierbar. Aber dies' ist scheinbar der Zeitpunkt großer Kreativität. Hopp! Ich könnte noch heute Nacht fertig werden.

Nachtrag 00:28.
Kerl schläft jetzt. Kurz mit ihm im Bett getollt und versucht ihn zu überreden, Sziget zu streichen und stattdessen in neue Bettwäsche, eine Küchenmaschine, einen Sprossenbeutel für Keimlinge oder ein Dörrgerät für Zwetschken und vor allem in einen längeren, erholsamen Aufenthalt am Bodensee zu investieren. War nichts zu machen, der Kerl steht auf Sinnead O'Connor. Ich hab nur Angst, dass es dort keine Duschen gibt.
Also. Weiter geht's.

01:03
Meine Maus flattert wirr herum. Sie klickt nicht mehr dahin, wo ich es will. Sie zuckt, wie meine Augenlider. Meine Maus muss ins Bett; das war's wohl mit meiner Nachtschicht.

01:14
Sense, die Maus tickt sonst aus. Meine Augenlider sind geschwollen und klein. Der Kerl meinte heute, die viele Arbeit mache mich sexy. Ich bin zu müde, um darüber nachzudenken, wie er das gemeint haben könnte. Zu allem Überfluss ist der Warmwasserhahn in der Dusche heute den Jordan hinuntergegangen. Für mich bedeutet das jetzt noch eine kalte Dusche. Wenn ich danach nicht schlafen kann, komm ich erfrischt zurück und arbeit' weiter.

Sonntag, Juli 22

Final spurt for the Mag.

So hat man sich wohl den Endspurt im Diplomarbeitsschreiben vorgestellt. Damals, als man nicht daran glaubte, dass diese Tage jemals tatsächlich da sein würden. Sie sind da, und wie sie das sind. Der Energieschub, von dem ich manchertags geträumt hatte, ist eingetreten und lässt mich nachts kaum zur Ruhe kommen. Ach, wär doch schon morgen und ich könnte weiterarbeiten. Aber Menschen müssen ja schlafen, ruhen, zugedeckt sein. Zudecke ist für den menschlichen Schlaf immens wichtig, ohne Zudecke geht bei mir gar nichts, auch nicht bei 40°C.
Ich sitze hier stundenlang an dieser wuchtigen Buchstabenwurst und versuche, das nötigste Unheil rauszubürsten, während der Kerl unterirdisch Kanalgeschichte vorträgt. Essen, Trinken und Mitmenschen stören mich nur; ich will gar niemand sehen. Sobald jemand heimkommt, hoffe ich, er geht gleich wieder. Schließlich ist Sommer, da hockt man doch nicht drin rum. Es sei denn, man möchte endlich die Lorbeeren ernten, die man schön langsam echt mal verdient hätte.
Am einen Tag in der einen Stunde verflucht man das Ding, an dem man da fuhrwerkt, in der anderen lobt man es in den Himmel. Das wechselt so im Minutentakt.
An alle Menschen: Geht weg. Stellt mir höchstens Essen vor die Tür, gebt mir zu trinken (gestern wär ich fast verdurstet, ohne was davon zu bemerken. Am Ende des Tages war mein Teekrug nur bis zur Hälfte leer, das waren dann bloß 1/2 Liter Flüssigkeit), verzeiht mir die Ignoranz.
Irgendwann im Herbst werd' ich es euch danken, (falls ihr dann noch mit mir sprecht). Aber bis dahin: Wundert euch nicht, wenn ich euch nicht grüße, nicht frage, wie's euch geht, nicht zum Geburtstag gratuliere, nichts für euch koche, keinen Wein mit euch trinke, keine Mädchenthemen mit euch abhake und keine Zigarette mit euch rauche. An letzteres müsst ihr euch jedoch für immer gewöhnen. Ich bin ja jetzt Nichtraucher. Wäre ich Raucherin, müsste ich nebst der Bearbeitung der Textwurst, die mir manchmal wie Bockwurst vorkommt, auch noch Kettenrauchen.

Samstag, Juli 21

Samstagmittag

Ich sitze allein und glücklich an meinem Schreibtisch, die Wohnung ganz leer, das Frühstücksgeschirr steht noch rum, das stört heute niemanden, Kerls Apfelstrudel (die neue Variante, ohne Ei) und Vanilleeis von Eskimo (ein klassisches Beispiel für österr. political incorrectness, die nicht mal jemand auffällt) vor mir auf einem Teller mit Goldrand von j²s Großmutter. Zurzeit macht Leere und Ruhe mich froh.

Szene am Schwimmbeckenrand.
Der Kerl geht stapft langsam im Wasser herum und baut scheinbar endlich seine Schwimmallergie ab. Er jammert nur noch, dass ihn das Genick schmerze. Ich sage, das kommt daher, dass er den Kopf beim Schwimmen aus dem Wasser rausstreckt wie ein süßes Welpen. Aber er schlägt sich tapfer und probiert sich immer wieder an der einen oder anderen Länge, während mich die Menschen nerven, die ungefragt meine Bahnen kreuzen. Alte Ladys schwimmen einfach zu langsam, während Krauler einen mit dem Ellbogen versenken könnten, ohne es zu merken.
Ich hänge also am stapfenden Kerl und flüstere in sein nasses Ohr:

"Weißt du, was ich mir schon immer gewünscht habe."

Kerl ahnt, dass jetzt wieder was kommt, wo er ran muss.

"Beim Längenschwimmen einen mp3-Player. Ohne Musik ist Schwimmen so langweilig. Da verlier ich nach 15 Minuten die Lust. Aber mit! Nur ich und die Musik (oder das Hörbuch. hach, wie wäre das denn?!). Da könnte ich ewig schwimmen. Einfach schwimmen, schwimmen, schwimmen," schwärme ich.

Kerl mag Dori nicht sonderlich und sieht fragend in mein tropfendes Gesicht, ganz so als ob man sich diesen Wunsch so mir nichts dir nichts erfüllen könnte.

"Aber wie teuer muss das sein. Das ist wohl ein Wunsch für die ferne Zukunft", lamentiere ich weiter, in dem festen Glauben, dass mp3-Player für Unterwasser, auf die ernsthaft mehr als 1/2 Lied passen, ein Vermögen kosten würden oder womöglich noch gar nicht erfunden wurden. Kerl murmelt irgendwas Unverständliches ins Nass. Wir vergessen diese Unterwasserphantasie und stapfen weiter. D.h. ich umschlinge, er stapft.

_______
Echte Kerle merken sich, wenn ihre Frauen Wünsche äußern, die sie schon von Kind auf mit sich herumtragen. Kerle belohnen Umschlingen und Insohrflüstern. Kerle suchen nach Lösungen.
Mein Kerl hat mir heute einen Unterwassermp3spieler um unglaubliche 34,90 € bestellt. Der kommt noch an, bevor ich am Bodensee campe.
Bleibt nur noch zu sagen: Mein Kerl ist ein Silbersternchenkerl, allererster Sahne, jawohl.

Wochenraffer im Energiesparmodus

Es ist viel zu heiß, um zu sagen, dass wir den Pinguinen und der Mähnenrobbenfütterung im Zoo beigewohnt haben, zweimal im Schönbrunner Freibad geschwommen sind, nebst Zeit und getrockneten Feigen ausm Kühlbeutel, einmal im Kunsthistorischen Museum die Ägypter und ihre hübschen Zeichnungen besucht, einen Stock höher die wuchtigen Ärsche der Rubens-Damen bewundert, in der Burggasse beim besten Italiener der Stadt sündteure Pizzen gegessen, dazu Sodazitron, mehr war dann nicht mehr drin, dazwischen bei 45°C Innentemperatur und selbstgemachter Klimaanlage (der Kerl überlegt schon die ganze Woche, wie um Himmels Willen man die kalte Luft aus dem Keller hierhoch transportieren könne) an der Abschlussarbeit gefeilt.

Es musste 40°C in dieser Stadt kriegen, bis der Kerl und ich all diese Dinge, die schon so lang auf einer Liste stehen, endlich tun konnten. Extra dafür ein neues Wochenende eingeführt, 2 Tage die Woche, wo wir beide freihaben und den Tag nicht vor den PCs versinkend vorüberziehen lassen, um dazwischen doch wieder was zu arbeiten/lesen/recherchieren/lernen. Mittwoch und Freitag war diese Woche also unser Wochenende. Dafür muss ich heut und morgen ran. Die Arbeit muss bis nächste Woche fertig sein, dann gehts ab an den Bodensee ins Camp.
Heute abend: Back to the Future, Teil I, Prater. Muskat Otonell, Wiesendecke, besserer Platz und hoffentlich bessere Stimmung als das letzte Mal, einfaches American-English, der schwarze Mann und seine süße Frau nebendran.

Momentan wird ja zwischendurch nur noch aggressiv gestritten und gekeift, die Hitze zermürbt unsere Köpfe unerbittlich. Wenn man 1 Minute nicht aufpasst, ist man bereits in einen Zank involviert, obwohl man doch nurn Fahrrad leihen wollte. Deshalb: Ruhig hinliegen, langsam lachen, nicht bewegen. Bloß nicht anfangen zu schwitzen, dann wird alles gut.

Dienstag, Juli 17

Der Bruchteil und das Ganze

Wenn man sein indiviudelles Leben mal wieder total beschissen findet, man in sich selbst gefangen ist und man sich am liebsten nur mehr weinend in der Bettdecke festkrallen möchte, (wenn das wegen der Hitze überhaupt länger als 1 Minute möglich wäre), empfehle ich, ein paar Minuten auf diese World Clock zu starren, die einem das eigene Unheil im Sekundentakt relativiert.

[von hier.]

Montag, Juli 16

Gratis Verjüngungskur vom Hautarzt

Von Warzen, Tinkturen, Stickstoffbehandlungen und medizinischer Schmierseife soll hier niemals die Rede sein. Das ist eine mühsame, ungustiöse Angelegenheit, die wirklich keinen interessiert. Viel interessanter ist es hingegen, ein Wort über die Sprechstundenhilfe einer großen Hautarztpraxis in Wien-Meidling zu verlieren, bei der ich heute zum ersten Patient sein durfte:

Frau Arztpraxis erkundigt sich in herzigem Oberösterr.- oder Salzburgdialekt nach meiner Versicherungs-, Haus- und Telefonnummer. Fragen, die Sprechstundenhilfen gerne stellen dürfen. Mein Gynäkologe hat eine z.B. Sprechstundehilfe, die für diese Fälle ein kleines Formular bereit hält, damit der arme Patient nicht vor 24 wartenden Mitmenschen lauthals seine geheimen Ziffern ansagen muss. In Meidling haben sies weniger mit dem Datenschutz; sei's drum. Ich sag' brav alle notwendigen Informationen an.

Frau Arzthelferin notiert fleißig. Als nächstes will sie die Postleitzahl vom Arbeitsplatz meiner Mutter wissen. Weiß der Teufel, wozu sie das braucht, jedenfalls beginnt Frau Arzthelfer plötzlich ohne Vorwarnung, mich zu duzen und meinen Vornamen in so deftiger Weise abzukürzen, wie ich es nicht mehr gehört habe, seit ich aus der Volksschule gekommen bin. Mit einem schnuckeligen Verniedlichungs-i hintendran.

"Du, M.....i, woaßt du die Postleitzoi von B.?"


Ich erschrecke zutiefst.
Stille -

"Ja, lassen Sie mich kurz überlegen", stammle ich und betone das Sie sachte.

"Ich glaube 5260." (Das ist geraten, ich habe keine Ahnung.)

Frau Arzthelfer schmunzelt und meint: "Nehmen wir das, das klingt gut", und fügt zwinkernd hinzu: "Du konnst di dawei niedasitzen. Danke."

Ich wanke auf eines der Gartenmöbelteile im Warteraum zu und fühle mich einzig in der Lage, mir eine Young Miss vom Zeitschriftentischchen zu krallen und einen Artikel Bildtext namens Von Bikini bis Tankini zu lesen. Wie es hier drin offenbar meinem Alter entspricht.
Dabei überlege ich, wann ich das letzte mal einen netteren Menschen getroffen habe als Frau Arztpraxis.

Sonntag, Juli 15

Eine seltsame Liebe


Dies alles sah nach gutem Anfang aus; ein Samstag wie aus dem Kochbuch: Naschmarkt, frischer Majoran, Muskat Ottonel, Chili und Garnelen aus dem Asialaden an der Kettenbrückengasse. Dr. Strangelove hat uns dann irgendwie einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Die Situation war wohl insgesamt etwas überbelichtet: Billiger Rotwein auf einer Praterwiese, mit einer großen Leinwand, vor dem sich hunderte Leute wie kleine Regenwürmer winden, ein engl. Nachkriegsfilm im O-Ton und ein Gespräch über Freundschaft. Mehr braucht man im Normalfall nicht, um ein bisschen durchzudrehen. Zudem sich die Tempertur über Nacht verdoppelt hatte.
Trotzdem beginne ich diejenigen zu verstehen, die sich im Laufe der Jahre abschotten, eine Mieze zulegen und in den Wald ziehen. Der Wald ist nett, man muss ihn nicht kritisieren. Er steht bloß da und gibt einem Luft.
Menschen hingegen sind unberechenbar. Sie verharren keine hundert Jahre am selben Fleck. Menschen bewegen sich, Menschen verändern sich. Ich hänge das bittenichtstören-Schild raus und scheue die Enttäuschung, die kommen wird, wie sie immer gekommen ist.
Möglicherweise, sagt der Kerl, bin auch ich es, deren stark wandlungshungriges Wesen es dem gemeinen Mitmensch mitunter schwer macht, zu verharren, zu folgen, dabei zu bleiben.

Freitag, Juli 13

Traumtänzertag

Literaturwissenschaftler sind oftmals sehr schlaue Menschen und ich mag es, wie sie denken. Das sind Allroundtalente, die einen zum Staunen bringen können. Sie wissen nicht nur über Grammatik, Textstrukturen, Gattungen und Epochen Bescheid. Sie wissen mehr. Sie sind Psychologen, Gesellschaftskritiker, Journalisten, Rhetoriker, Soziologen, Historiker, Rezensenten und Lehrer, manchmal sogar Dichter. Sie untersuchen Dinge, die gar nicht zu ihrem Fachgebiet gehören. Eine Ich-Spaltung zum Beispiel. Wo lernt der Literaturwissenschafter das? Bei Max Frisch, nicht Max Friedrich.

An Tagen wie heute möchte ich in Zeitlupe weiterstudieren, damit ich noch mehr Kluges aufsaugen kann, bevor ich in einem unterbezahlten, unversicherten Teilzeitjob, der nichts mit meiner Ausbildung zu tun hat, versumpfe. Da fragt man sich, warum man schnell fertig werden soll, wenn einen da draußen nichts erwartet, man vielmehr die Welt der Gedanken verlassen muss, um zur Tat zu schreiten: am Realitätspflaster aufschlagen, Geld verdienen, erfolgreich sein; Literaturwissenschaftler wird man nicht so einfach wie Kellnerin.
Mehr zum Überdruss unserer Generation: da. (ich bin hier drauf aufmerksam geworden.)

Donnerstag, Juli 12

was ich Sommer 2004 so getan habe

Die Germanistikbibliothek hat sich - nach meiner Anfrage - Blogs! angeschafft und ich konnte es nun endlich lesen, weil ich es mir nicht selbst kaufen wollte. In der Hauptbibliothek ist es ständig ausgeliehen, ich bin schätzungsweise der 17. Vormerker und bekäme das Buch im April 2012. Hab's gleich im Bus und danach genüsslich im Bett quergelesen. Es hat mir einige Fragen beantwortet; nicht sehr viele, aber wichtige. Schade, dass es schon völlig veraltet ist, 2004 ist hier drin schon hundert Jahre her. Flickr war damals noch ganz neu, und jetzt?

Ich war verwundert, was ich damals gemacht habe, dass das Thema so völlig an mir vorbeigezogen ist und erst das kleine Mädchen mich aufmerksam machen musste, was ich wieder verpasse. Was zu mir passt, als wäre ich prädestiniert dafür. Ich halte mich für einen furchtbaren Spätzünder, das ist wohl das Los der Erstgeborenen, die sich alles mühsam autodidaktisch beibringen müssen. Niemand setzt sich hin und erzählt munter drauflos, was zu tun ist. Ich habe das die letzten drei Tage ansatzweise bei der frischesten Maturantin meiner Familie versucht. Eine Gelegenheit, die ich nicht oft habe, weil sie in der oberösterr. Pampa wohnen muss will. Und für meine Cousine, die mich hernach ernsthaft gefragt hatte: "Bist du ein Bio- und Ökofreak?" Das war mir Hinweis genug, dass es nichts nützt, wenn jemand kommt und sagt, so, Burschen, so geht's. Macht mal. Auf solche Leute hab ich auch nie gehört. Aber sie schauen sich trotzdem viel ab. Die ganz Kleine hört z.B. Kerl's Musik, leidenschaftlich. Da ist die Einflussnahme unbegrenzt. Man braucht bloß wieder Mal ein, zwei Lieder schicken und schon ist die Gute angefixt und will mehr. Aber für Entwicklung gibt's keine Anleitung.

So, zurück zum Sommer 04: Ich weiß, was ich da gemacht habe. In diesem Sommer saß ich mit ma auf einem kleinen Balkon im 9. Bezirk, dessen offene Seite in einen hässlichen Hinterhof zeigte, was uns nicht davon abhielt, diesen Ort für wundervoll zu erachten und dort nebst Aschenbechern, Kaffee, Laptop und Falterprobeabo der Hinterhofhitze zu frönen. Ich tippte da grad eine aufregende Geschichte per Diktiergerät ab; nebendran noch 2 Jobs, die man ebenfalls vom weißgetünchten Balkon aus erledigen konnte. Zwischendrin an den Haidhofteich gefahren und am Steg gelegen, wohl ahnend, dass das folgende Jahr Neues, Unverhofftes bringen müsste.

ma schrieb an ihrer Abschlussarbeit, langsam, aber stetig, eine Zeile nach der anderen. Das war zu einer Zeit, als ihr 3000 Euro-mac noch nicht mal in Produktion gegangen war und sie an einem alten Pentium arbeitete. Mein alter Laptop hatte auf diesem Balkon nicht mal die Möglichkeit für Internet. Alles war langsam, alles war heiß. Unschuldig irgendwie und trotzdem aufregend. Da waren keine Männer, die uns behelligten, wir warteten auf etwas. Was Unbestimmtes. Auf dem Balkon, man konnte es spüren. Und im Falter stand garantiert nix von Blogs. Das hätte ich gelesen. Damals wurde das Sommerloch mit den ungustiösen P*rn*geschichten [Eingriff ins Dokument am 30.10.2007, da wiederholt Suchbefehle auf dieses Wort hierhergezeigt haben.] des St.Pöltner Priesterseminares gestopft. Und dann gab es da noch die 786 Wiener Banküberfälle. Haben wir da tatsächlich dran vorbeigelesen, wo es doch so ein Getöste gewesen sein muss?

Wir kannten noch nichtmal klm, j, den I. oder den Kerl.
Das bedeutet eigentlich, dass wir, am Balkon sitzend, ma las solang diesen da, ich trank mit Vorliebe Latella, was ich jetzt nicht mehr tun würde, weil ich die Gefahren der Milch kenne!, ähm, ja: Das bedeutet eigentlich, dass wir unsere Zukunft noch überhaupt nicht kannten. Nichts davon. Wir wussten nicht, wer kommen und uns in den Bann ziehen würde. Wir saßen gemeinsam im 6. Stock, verbündet, gewappnet, aufgeregt. Es waren dann allerdings zwei ganz unterschiedliche Bänne. ma ist, wie man weiß, hier rausgeworfen worden ausgezogen.

Mittwoch, Juli 11

Wie es ist

Jemand, der wohl einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat, hat bezüglich dieses Textes unsere Wohngemeinschaft als Zweckgemeinschaft entlarvt und hinzugefügt, dass solche Institutionen ihrer Funktion nach Lebensabschnittspartnerschaften ähneln, bei denen das Hauptaugenmerk nicht darauf gelegt wird, sich gemeinsam weiterzuentwickeln. Der Mann hat Recht. Ich sage, so ein Zusammenleben erfordert eine bewusste Entscheidung, die darüber hinausgeht, das Manifest zu kennen und es jedem eifrig zu referieren, der sich über diese Gemeinschaft erkundigt. Das allein reicht nicht. Tatsächlich lebt man hier, um jetzt das Größtmögliche für einen selbst herauszuholen - für die Zukunft nämlich, die man dann nicht mehr gemeinsam teilt. Man holt sich Rüstzeug, aber keine Liebe/Freunde.

Das ist schockierend, aber schlau und rückt die Sache ins rechte Licht.

Ich komme mir vor, wie ein Hippie auf Woodstock, der dem Konzept insgeheim schon abschwört, während er noch nackt vor der Bühne tanzt (in Wirklichkeit war dort nämlich Regen, wusstet Ihr das?).
Niemand wird nackt getanzt haben, und Janis Joplin hatte den mutmaßlich schlechtesten Live-Auftritt ihres Lebens. Er war so mies, dass er nicht mal in den Film aufgenommen wurde.
Die Realität gehorcht keinem Manifest. Das hat sie noch nie getan.

Dienstag, Juli 10

Vom unerreichbaren Ende

Ein Tag der Selbstvorwürfe; die Diplomarbeit komplett umgekrempelt, Inhaltsverzeichnis gänzlich umstruktiert, sodass das Chaos hernach viel größer war als davor. Ich kann kein Ende sehen und das macht mich fast wütend. Befinde mich in einer Stimmung, wo Flüche fast unumgänglich werden. Ich spar mir das jetzt und ess' brav meinen steirischen Apfel. Immer ein Speigerl nach dem anderen. Immer ein Satz nach dem anderen. Nebenbei muss ich drauf achten, dass die Miezekatze nicht aus dem Fenster fällt. Hoffentlich kommt mir sonst keiner in die Quere. Buzz.

Sonntag, Juli 8

Letzten Sonntag

Wenn jemand allein in den Zug steigt, hat das für mich etwas unbestechlich Pathetisches. Ich mag Pathetik, ich mag den Westbahnhof. Ich sitze dort manchmal, auf einer Bank, um auf jemand zu warten, stöpsle meine Ohren mit Mey zu und ergötze mich an den Leuten und am heißen Betonboden. Man kann dort, auf Bänken sitzend, das Wesen der Menschen beobachten. Jemand geht, jemand weint. Davor heftiges, ehrliches Knutschen.
Der Kerl ist heute für 2 Wochen weggefahren. Wir haben auch geknutscht, aber wir kennen den Abschied schon. Wie oft haben wir abschiedsgeknutscht und sind tränend davon gewankt, jeder für sich.
Er muss für 2 Wochen in die Pampa, um Boden, Fluss und Wald vermessen zu lernen. Er wohnt dort im Internat einer Bergbauernschule; ja, soetwas gibt es. Mit mittlerer Reife, 3 mal täglich Fleisch aufm Teller, gratis Wuzeltischen und Badestelle an der Ybbs.
Als ob ich dem Alleinsein trotzen wollte, ging ich erstmal 2 Stunden spazieren; ganz allein. Mit einer Decke in der Hand, auf der Suche nach Grünfläche. Da möchte man wieder in Stuttgart wohnen, also nur für den Fall, dass man mal Grünfläche braucht, die Stuttgarter haben jedenfalls mehr davon als die Wiener. Und Enten dazu.
2 Stunden alleine durch eine Stadt zu spazieren, kann viel verändern. Ich verstehe, warum es Leute Mitte 30 aufs Land zieht. Mich zieht es auch. Mal 1-2 Jahre Meer, Küste, Leere. Eine andere Sprache, um die eigene zu finden. Liebe, Salat, Fisch. Diese Dinge.

Diesen Sonntag
Nach einem Wochenende der Wiedersehensfreude, gegrilltem Lachs-Steak, teurem Sommelier, Ringlotten und Waldviertler Marillen vom Naschmarkt und 2 tollen Filmen in frischbezogener Bettwäsche und einer WG-Sitzung, die zwar erfolgreich, aber nach meinem Empfinden mit zuwenig Emotionalität betrieben wurde, viel zu spät, mit voller Blase zum Bahnhof gelaufen, gerade mal bis zur vorletzten Ampel, den Kerl kurz geküsst, ihm und seinem Riesenrucksack nachgesehen, zwei Tränen weggewischt, heimgelaufen, Toilette. Kein Bankerlsitzen, kein Mey, kein Bahnhofspathos. Aber Liebe, Salat, Fisch, alles.

Freitag, Juli 6

Resümee einer einsamen Woche

Wenn man viel alleine ist, ergeben sich zwangsläufig Gedankengänge, die einem zu zweit, in eine Schmusedecke eingehüllt, verborgen bleiben. Nach vier Tagen hat man die Einsamkeit endgültig satt und möchte gerne jemand finden, mit dem man in ein hübsches Wien-Café gehen könnte. Um ein richtiges Gespräch zu führen, Reflexion über das eigene Leben anzustellen, die man alleine einfach nicht zuwege bringt und um gleichzeitig mit Spannung den Erzählungen aus dem anderen Leben zu lauschen.
Nach einiger Überlegung und dem Durchblättern meines Telefonbuches wurde mir plötzlich bewusst, dass ich einen solchen Menschen nicht habe. Keinen, mit dem ich dies Wunderbare ernsthaft hätte zelebrieren können.
Klar, es gibt viele Leute, die man so trifft. So auf kleinen, netten Partys; zum Abendessen einlädt; vielleicht im Rathauspark herumsitzt, während furchtbares Ballett im Hintergrund läuft. Zuweilen sitzt man im WG-Wohnzimmer und unterhält sich bei Rotwein zu weltpolitischen Dingen. Aber meistens sieht man bloß gemeinsam Serien.
Und darüber, was tatsächlich mit einem geschieht, redet man nicht.
Grad jene, die einem am nächsten sind, die Menschen, mit denen man zusammenwohnt, bleiben einem wohl am fremdesten. Heute habe ich eben bemerkt, dass jemand das neue Brot anschneidet, obwohl altes da ist (und beim neuen ein inneres Stück isst, anstatt das Scherzerl. Weiß diese Person, wie teuer Brot eigentlich ist?) Ja, all diese Gedanken fangen an, mit einem zu reden, unwillkürlich, ohne Einhalt. Das sind die Gedanken, die man herumträgt. Ist das nicht seltsam?
Meiner inzwischen angesammelten Erfahrung nach, lebt man zusammen, ja, man mag sich sehr, oder man nervt sich gewaltig, aber sobald einer auszieht, bricht der Kontakt unweigerlich ab. Das ist traurig, ja, klar. Aber es war bis jetzt in 90% der Fälle so. Soweit ich weiß, haben die anderen untereinander auch kaum Kontakt. D.h. es kann nicht ausschließlich an mir liegen; es ist so eine Art Phänomen. Als ich vor zwei Jahren aus dem Studentenheim ausgezogen bin, war ich der festen Meinung, dass darin ewigwährende Freundschaften entstanden wären. Weit gefehlt. Ich sehe fast niemanden mehr von jenen, mit denen ich hunderte Nächte am Fensterbankerl in der Küche verbracht habe. Und ich schwöre, wir verstanden uns richtig gut.
Was also läuft hier falsch?

Donnerstag, Juli 5

Hunderttausend Schnipsel

Man kann das Leben nicht mehr erfassen. Es gibt soviel zu tun, es gibt soviel zu sehen, es gibt soviel zu lesen & hören. Deshalb hat sich der Mensch Vorurteile zugelegt. Wogegen der Mensch vorurteilt, damit muss er sich schon mal nicht auseinandersetzen. Auf diese Art kann man viele Dinge von der Liste streichen, die man sonst tun/hören/lesen hätte müssen. Ich habe nun beschlossen, Dr. House doof zu finden. So hab ich Donnerstag abends frei und kann in dieser Zeit alle anderen Vorurteile festigen. Schimpfen. Trennen. Konflikten. Stopp!

Man müsste mehr Liebe senden. Grade Dr. House hätte meine Liebe verdient. Aber es geht nicht, ehrlich.

Meine nächste Idee ist es, aufzuhören, über egal wen oder was zu schimpfen/spotten/lästern/lustigmachen. Dem wird jetzt ein Ende gesetzt. Das ist einfach nur indiskutabel. Liebe den hässlichen Kletterpflanzen im Wohnzimmer, Liebe der verspätet bezahlten Miete vom Mann hinter dem Wandschrank, Liebe den Essgewohnheiten j²'s, Liebe und nochmal Liebe.
Man denkt, wenn man aufhört, zu mäkeln, wird das Leben langweilig. Schimpfen ist ja immer für einen Lacher gut; aber mehr schon gar nicht. Vielleicht ist es wie mit dem Rauchenaufhören. Zuerst denkt man, man könnte sich ohne Tschick gleich eingraben lassen. Aber die Vorteile zeigen sich bald. Erste Erfahrungsberichte folgen.

Das Foto zeigt in etwa mein derzeitiges Leben: Schipsel, Zettel, Tastatur, VitaminB Tabletten gegen den tauben Oberschenkel (hilft!), Tee und Obst in Massen, Scheren, Fotoapparat, Tixo, Wattepads, Moleskine Kalender, Nüsse am Rande, 100% Direktsaft, Post-Its. Gestern Nacht noch der Versuch, eine angeblich Emokinder-prägende DVD (corps bride) anzusehen, aber die 3 DVD Player in unserem Wohnzimmer sind ohne Kerl, der bei Hilfeschrei zur Stelle eilt und die 1001 Kabel richtig zusammensteckt, nicht zu bedienen. Mission abgebrochen. Der Kerl soll heimkommen, das ist ja echt kein Zustand mehr. Dafür Apfelstrudleis mit heißen Himbeeren gegessen.

Abgesehen davon, ist Rotraud Schöberl mein absolutes Vorbild. Allein der Name. Ich bin aber treu und lauf immer durch die halbe Stadt zum Yellow Bookshop in der Garnisongasse, deshalb muss Frau Schöberl wohl auf meine (wohl noch sehr geringe) Kaufkraft verzichten, aber als Fan aus der Ferne bin ich dabei.

Mittwoch, Juli 4

Arbeitsschwall, ohne Ablenkung von links

Diese Woche ist herrlich. Ich sag das ungern, weil der knackige Kerl ja nicht da ist. Er ist fernab und auf seinem Schreibtischstuhl stapeln sich nur meine Rockerl. Aber die Woche ist trotzdem phantastisch. Ich weiß nicht, ob es an der Abwesenheit dieses Appetithäppchens liegt, das mich dann doch allzusehr ablenkt, oder einfach an dieser Immer-eins-nach-dem-anderen-Methode, aber diese Woche geht bisher flott dahin. Abgehakt sind bis heute: Kampf mit der bösen Publizistik-Sekretärin (gewonnen); Hautarzttermin (den ich seit 4 Jahren vereinbaren will); ein überraschend liebevolles Gespräch mit der Dame vom Finanzamt (zu dem mich meine Mutter seit Wochen nötigt); den geheimnisvollen Koffer bis zur Hälfte aussortiert (vorgehabt seit Februar); zum Spaß Mein Name sei Gantenbein gelesen (und entsetzt, wie abartig häufig die Worte Whiskey und Zigarette fallen); Sesam und Leinsamen gekauft; Philosophiewahlfächer bestätigen lassen (geplant seit Oktober); 2 Mal spazierengegangen, den Baßler ausgearbeitet. 2 Mal im Park gelegen. Ich schicke das Schnittchen jetzt öfter für 1 Woche wohin.

Im Übrigen ist es gespenstisch still in dieser Wohnung, wenn der Kerl nicht da ist. Er bringt Witz und Liebe hierhin. Geradliniges Leben mit fixfertig abgehakten todo-Listen in Ehren, aber ich sage euch, ohne ihn hätten wir nichts zu lachen.

Dienstag, Juli 3

Gedanke

Heute entsetzt festgestellt, dass ich meiner Mutter ähnle. Bitte den Kerl oft die verrückte Hula-Mucke auszumachen, weil ich mich konzentrieren muss. Die Musik stört mich, ich muss dabei jeden Absatz zweimal lesen. "Aber wieso denn?", beschwert er sich dann, wie auch wir Kinder uns beschwert haben, wenn die Mama aus dem Wohnzimmer herübergeschrien hat, dass unsere Affenmusik sie nervös mache.
All das überdenkend, lasse ich Sinéad O’Connor traurig und laut im Zimmer umhersingen. Wie wehrt man sich dagegen? Nähert man sich unweigerlich immer mehr an, bis man ganz genauso geworden ist und dann am besten tot umfällt?
Der Kerl liebt Hula-Mucke und ich ja eigentl. auch.

Montag, Juli 2

Hurra! Ich rauche noch immer nicht

Von einem Tag auf den anderen ein anderer Mensch sein, das faszinierte mich immer schon. Vorher-Nachher-Bilder. Herrlich! Der Wunsch, mich schlagartig zu verändern, war bei mir schon als Kind stark ausgeprägt. Da stellte ich mir das ca. so vor: Aufwachen (anstatt mit krausen, kurzen Wirrlocken) mit langen, glatten, blonden Zöpfen. Da dies - trotz jahrelanger, leidenschaftlicher Stoßgebete vor dem Einschlafen - nie geklappt hatte, wurden meine Wünsche bescheidener. Fortan wünschte ich mir einen Zauberfinger, der das Kinderzimmer und die Küche per Schnips picobello (wie man damals so schön sagte) aufzuräumen vermochte.
Die Gebete funktionierten allerdings nur in einer Sache: Ich hatte immer gute Noten, das klappte hervorragend. Einsen und Silbersternchen, wohin das Auge blickte. Ich Depp machte dafür ausschließlich Jesus verantwortlich und hielt ernsthaftes Lernen für Zeitverschwendung.

1991, als meinen Eltern dann überraschenderweise die Idee kam, sich zu trennen, erklärte ich die Beterei kurzerhand für beendet, aus und vorbei. Ich weiß es noch genau; im selben Jahr brachen auch meine Noten in Richtung Durchschnitt ein. Das war die Zeit, als man echte Schularbeiten schreiben musste. Mit Lernen.

Bis ich begreifen sollte, dass Jesus mich in keinster Weise im Stich gelassen hatte, vergingen Jahre und viele Religionslehrer zogen an meinem Leben vorbei, ohne mir im Geringsten erklärt zu haben, worum sich das Leben wirklich dreht. Es sind 16 Jahre vergangen, seit ich denken musste, dass man Kinder vom Knutschen kriegt* und es dem lieben Gott Probleme bereite, wenn ich saure Mostbirnen vom bösen Nachbarn klaue.
Weihnachten und Ostern musste ich stets Sünden erfinden, um mich bei der Beichte nicht ob meines Unfehls schämen zu müssen. Lieber Gott, ich habe meine Schwester kopfüber gehalten und fest geschüttelt... Moment mal, das war gar nicht gelogen. Aber sie hat mich so genervt; ein dickes, schreiendes Bündel! Und alle beim Holzhacken, nur ich und das Bündel im Wohnzimmer.
Ja verdammt, dort hat man Holz gehackt, Kinder zum Beichten gezwungen und ihnen erzählt, dass Tiere an Heiligabend sprechen können. Es gab Wald und Kirschbäume; Aber man will ja nicht romantisieren.

Das mit dem Nichtrauchen funktionierte jedenfalls von einem Tag auf den anderen. Danke, Gott Allen Carr.

*Und wenn ihr jetzt denkt, es gibt diese Kinder nicht, die das mit dem Küssen=Kinderkriegen-Quatsch geglaubt haben: Ich wars.

Stumm & alleine

Der Kerl ist jetzt 2 Wochen gefangen in einem Empfangsloch von one. Dafür zahle ich jeden Monat brav über Gebühr. Dass man im Notfall nicht mal ins südlichste Niederösterreich telefonieren kann. Mitten in Europa.

Sonntag, Juli 1

Die Prüfungswoche und ihre Folgen

In Kenia essen sie alles mit den Fingern. Auch Salat in Balsamico. [Fortsetzung folgt...]






Jetzt ist er weg.