Sonntag, Oktober 28

Ein Stück Berliner Alltag

Gestern Abend. Ein Samstag sieht ja derzeit so aus, dass ich meine acht Stunden mittelalterliche Literaturgeschichte voll kriege, maßlos beeindruckt vom Einfluss der Schwaben damals zurück bleibe, kurz Luft schnappe, das Riesenchaos in der Küche beseitige, nachdem der Kerl ein phänomenales Abendessen (selbstgemachtes ecuadorianisches Salsa, Himmel & Erde, echte Bratwürste vom Naschmarktstand, allerletzte Reihe, hinten) kunstvoll gefertigt hatte, nachdem ich alles fertig abgewaschen und die Küche gestriegelt habe, bemerke, dass mir das kleine Mädchen doch nicht alle Teller und Pfannen aus dem Wohnzimmer rüber getragen hat (noch verwunderter bin ich über die Menge der Töpfe und Pfannen, die der Kerl so benötigt), weiterspüle, Kerl läuft so lang in die Videothek, ich dusche. Nachdem dann endlich alles gerichtet ist, Fernseher in unser Zimmer geschoben, Tee gekocht, Haare gewaschen und mit Lockenspray eingesprüht: Sommer vorm Balkon. Genau das Richtige, am Tag der Zeitumstellung gen Winter. Denken wir noch.

Dann aber: Kerl und ich sitzen ob der Geschichte ungläubig, aufrecht im Bett (ich vor allem deshalb, weil ich mich mit nassen Haaren nicht hinlegen darf, das würde ich anderntags bereuen, mit Locken ist nicht zu spaßen!) und können kaum fassen, wie wahr/echt/=unsagbar traurig dieser Film daherkommt. All das in Berlin, funktioniert aber genausogut in Wien, bestimmt.

Als es vorbei ist, liegen wir eine Weile da (Haare sind trocken und supergekringelt, die Mühe hat sich gelohnt) und ich weine eine halbe Stunde lang, wegen dem Film und den Menschen darin und den Menschen, die den Menschen in diesem Film ähneln und umgekehrt. Über mich selbst weine ich erst ganz zum Schluss, als schon 14 vollgerotzte Taschentücher am Parkettboden verstreut liegen. Der Kerl wird nicht müde, mich zu trösten, indem sich den Kummer der kompletten Erde aus meiner nichtendenwollenden Klagerede ohne zu Murren anhört (inklusive Klimaschutz, aber da bin ich vom Thema bereits etwas abgekommen). Als ich wieder etwas lachen kann, weil der Kerl seine Tröstaufgabe wie immer mit Hingabe erledigt, habe ich den Parkettboden mit den 14 Taschentüchern fotografiert. Das Foto brauche ich euch gar nicht erst zu zeigen, ihr wisst, wie das aussieht. Weiße, weiche Papierknülle auf mitteldunklem Fischgrätparkettboden, wunderschön.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

1 Topf zum Kartoffeln kochen (in dem übrigens dann auch wieder das fertige Essen serviert wurde, also so schlimm bin ich dann nicht)

1 Topf um die Äpfel zu Mus zu kochen

1 Pfanne um Röstzwiebeln herzustellen

1 Pfanne um besagte Bratwürste zu bereiten. (Eine Pfanne für beides, wirft der Laie hier sicher ein, aber der kann belehrt werden)

1 Schüssel um die Füllung des Apfelstrudels zu bereiten

1 Schüssel um die Schalen von 1kg Kartoffeln 2kg Äpfeln und 6 Zwiebeln nicht im Wohnzimmer und Küche zu verteilen

1 Teller um geschälte Kartoffeln zwischen zulagern

1 Spätzle/Kartoffelpresse um die genannten Kartoffeln zur Rezeptempfohlenen Konsistenz zu bringen

1 Schneidebrett sammt Messer und Gewürzsichel um 1kg Tomaten 2 Chilischoten viel Basilikum und schon zitierte Zwiebeln konform zu gestalten.

WER JETZT SAGT DEM WAR NICHT NÖTIG gehe bitte zum McD und bleibt meines Tisch-Stuhl-Arrangements fern