Dienstag, Oktober 30

27 Tage noch

Wenn alles gut geht und mein zweiter Professor sich nicht querlegt, findet meine alles entscheidende, abschließende, wundervoll befreiende Prüfung am letzten Montag im November statt.
Inzwischen ist das zeitweise Herzklopfen in ein ständiges Dauergefühl der Hysterie übergegangen, das sich nur bekämpfen lässt, indem ich acht Stunden täglich versuche, mir den Lernstoff in die Hirnrinden zu brennen (gestern eine zu hohe Dosis Grey’s Anatomy).
Das habe ich jetzt 8 Tage in Folge, ohne Pause, gemacht. In diese acht Tage habe ich die komplette Literaturgeschichte des Hochmittelalters plus Analysetexte zum Parzival, inklusive Zusammenfassungen, Übersichtsblätter und Wiederholung der Grammatik gequetscht. Jetzt kann ich nicht mehr.
Gestern Abend im Bus wie eine Miezekatze aus dem Fenster gestarrt, ohne zu registrieren, dass die Frau neben mir am Telefon erzählte, dass sie ihre Schwiegermutter mit zu sich nach Hause nehmen müsse, weil diese sonst heute nacht stürbe, aus Einsamkeit. Die habe nämlich mit ihrem Leben abgeschlossen. Solchen Geschichten lausche ich normalerweise mit einer gewissen Anteilnahme.
Meine Gedanken aber kreisen nur noch um Parzival und seine Heldentaten, während es mir egal geworden ist, wie unsere Wohnung aussieht, wer abwäscht, wer kocht, wie meine Haare aussehen.
Da ich nun aufgehört habe, zu delegieren, haben meine Mitbewohner endlich die Chance zu WG-organisatorischen Höchstformen aufzulaufen. k beginnt tatsächlich, das zu tun, was man in etwa Kochen nennen darf. Gestern gab es Omelette! Heute Abend will sie uns mit ihrem neuen Freund (!) etwas servieren, indem sich allen Ernstes Kichererbsen und Süßkartoffeln befinden. (Ist es nicht unglaublich?) Ich bin sehr stolz auf sie, auch darauf.
Jedenfalls hab ich heute frei. Muss sein. Mitten unter der Woche. Man weiß ja gar nicht, was man mit dem ganzen Tag anfangen soll! Putzen? Der Kerl ist solang zur Uni gegangen und schreibt eine Prüfung darüber, wie man Wasser misst. Es gibt viele Wege, Wasser zu messen, glaubt mir, ich hab sein Skriptum gesehen. Danach läuft er in die Videothek (die langsam keine Filme mehr hat, die wir nicht gesehen hätten und ihre Weihnachtsfeier, selbst wenn sie ins Puff nebendran ginge, allein von unseren Ausleihgebühren bezahlen könnte) und holt King Arthur. Kerl will die Schlachten sehen, um sich nach der Prüfung zu entspannen (!), während ich eher an der Sage im Urzustand interessiert bin. Leider ist dieser Film offenbar total daneben gegangen, wenn man den Kritiken Glauben schenken will; ich muss versuchen, ihm einen anderen Film einzureden (Robin Hood?).

Offenbar ist es wahr: Wir lernen oder wir schauen Filme. Das ist es, woraus unser Leben derzeit besteht. Darf man tagsüber Rotwein trinken?


3 Kommentare:

im äusseren des irrenhauses hat gesagt…

hei, die zeit ist noch nicht reif für kleine rufzeichen in klammern! :) aber danke.

m. hat gesagt…

ja, die welt ist voller dinge, hinter denen (!) zu hauf stehen könnten! augenblicklich (!), aber oft wartet man solang darauf, das (!) zu setzen, dass es zu spät ist und man nur noch (?) sagen kann.

m. hat gesagt…

dödö (!)