Montag, Jänner 15

mindest-denk-zeit

Der Falter schreibt diese Woche:

KOMMENTAR Schnelle Studenten sind nicht automatisch gute Studenten. Denken braucht nämlich Zeit.[1]


Ich zum Beispiel:
Erarbeite einen Artikel aus dem Standard, in dem Wolf Haas und Ilse Aichinger sich unterhalten. Sie gehen im Augarten spazieren und fallen von einem Thema ins nächste und das so bezaubernd und unendlich genial, dass ich den Artikel fünfmal lesen muss und immer wieder zu Sätzen zurückkehre, wie z.B.

Aichinger: Und dann schreiben Sie es rasch hin?
Haas: Ich brauch' immer die Illusion, dass es nur vorläufig ist. Ich schreib' eine Rohversion, die aber schon richtig ein Buch ist, sozusagen. Und dann schau' ich, dass ich noch Zeit habe, es ist eigentlich fertig, aber liegt dann noch rum so ein Dreivierteljahr.
Aichinger: Was machen Sie dazwischen?
Haas: Da mach ich - nichts.
Aichinger: Sehr gut. Es gibt heute niemand, der sagt: Ich mache nichts. Es ist doch heute am wichtigsten, dass man jedem erzählt, dass man überhaupt keine Zeit hat.[2]

oder

Nicht einmal dem pubertären Vergnügen, sich Detektivgeschichten auszudenken, kann man in Ruhe nachgehen, ohne dass die Heimat sich ungefragt hineindrängt […] Manchmal werde ich sogar Zeuge, wie junge Menschen von ihrer Bildungsinstitution dazu angehalten werden, etwas über einen meiner Krimis zu schreiben. An erster Stelle steht dann immer diese Heimatfrage: Worin sehen sie das typisch Österreichische in Ihren Kriminalromanen? Um Gottes Willen! Hab ich wirklich solche Bücher geschrieben, in denen das Österreichische vorkommt? Wo mir doch nichts so am Arsch vorbeigeht wie das Österreichische. Darf ich nicht lieber Eskapist, Eklektizist, und noch irgendwas Verbotenes mit E sein? Zum Beispiel Erz-Manierist![3]



usw. usf.

Ich lese stundenlang dahin und verzettle mich
und man sollte mal meine Wikiwörter des Tages dokumentieren,
wie sehr ich abschweife und über Ecken wieder zurückkehre

- allerdings oft erst nach Tagen.

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[1]Walter Kissling: Schnell, gleich, schwach. In: Falter, 10. 1. 2007.

[2]Reinhold Reiterer: „Wie schreiben Sie eigentlich?“ „Pubertär“. In: Der Standard vom 20. 7. 2001.
[3]
Wolf Haas: Heimat-Tamtam. In: unique, Zeitschrift der Österreichischen Hochschülerschaft, Nr. 02/2001.

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