Sonntag, Februar 18

2 Scheidungskinder

Wenn man Eltern hat, die sich penetranterweise scheiden lassen, nimmt man sich als Zehnjährige/r vor, alles besser zu machen. Man fühlt sich beinah privilegiert, weil man ja genau weiß, wie man es nicht machen will. Oberstes Ziel ist es vorerst, sich nicht scheiden zu lassen, sich nicht bereits vorpubertär für immer zu binden, keinesfalls mit 19 schwanger zu werden, etc. Man beachtet nicht, dass das gegenteilige Verhalten keineswegs die Garantie dafür ist, es im Leben richtig zu machen. Manchmal geht das eigene Leben bereits den Bach runter - vielleicht in der Liebe, vielleicht beruflich oder finanziell - ohne dass man es erstmal merkt, da man immer nur darauf achtet, nicht so zu werden wie die Eltern. Ich bin erst 25 Jahre alt und habe bereits soviele Fehler gemacht, dass sie beinahe nicht mehr gutzumachen sind! Wenn man das Leben auf ein paar Hauptbereiche einschränkt, sagen wir Liebe, Freundschaft, Geld, Familie, Beruf, Studium, habe ich in mindestens vier Bereichen schon gravierende beinah unüberwindbare Fehler gemacht. Wenn man es genau betrachtet, beherrsche ich vielleicht ein Thema halb und eines viertel. Man sollte Säulen malen mit diesen 6 Bereichen und versuchen, in jedem Gebiet immer gleich weit auf zu sein und keines zu vernachlässigen. Aber meistens stürzt man sich auf ein-zwei und versucht, dieses akribisch zu vervollkommnem, während die anderen 4-5 Säulen erbarmungslos dahinvegetieren.

Freitag, Februar 16

Was mich sprachlos macht

Gestern saß ich, während Richard und Paris am Opernball schmonzten, im Literaturhaus und lauschte (während mir Beine und Po einschliefen, ich aber dennoch versuchte, meine Anwesenheit meinem Germanistendasein entsprechend toll zu finden) den beiden Falter-Autoren Tex Rubinowitz und Klaus Nüchtern. Hinter mir, an den Literaturhauswänden, prangerten riesige Bilderrahmen mit hunderten kleinen Porträts wichtiger österreichischer Textproduzenten; Das sind die Art Menschen, die mir Angst machen. Wolf Haas habe ich Gott sei Dank nicht auf den Bildern erblickt, nichtsdestotrotz wurde er ganze zweimal während der Lesung erwähnt, obwohl er überhaupt nicht Thema war und ich mich an diesem Abend lieber vom Haas-Hype erholt hätte. Aber nein, Haas in aller Munde, da führt zurzeit kein Weg dran vorbei! Man hat Haas einfach zu erwähnen, schätze ich. Insofern bin ich eigentlich total hipp. Jawohl! Warum ich mich trotzdem elend fühle? Die vielen klugen Menschen machen mir Angst. Lese zurzeit eine Diplomarbeit über Haas aus dem Jahr 2000 und fühle mich sprachlich & intellektuell winzig und klein daneben. Die Frau, die sie geschrieben hat, ist jetzt Pressesprecherin einer monopolistischen, oberösterreichischen Bauernbank. Erfolgreich, alles. Gut, das ist keine Autorenkarriere, nein. Aber es ist ein Job mit vierzehn Gehaltszetteln (welche jetzt übrigens per E-Banking übermittelt werden, ohne Papier, quasi Umweltschutz! So was darf besagte Dame in ihrem Job veranlassen. Quasi Macht!). Wir flüchteten nach der Lesung ins "Grindbeisl" gegenüber. Dort gibt es Inländerrum, für 50 Cent pro Zentiliter. Ob ich da heute noch mal hingehen soll?

Freitag, Februar 9

Mein Jahr

ich verliere bald die studenbeihilfe, weil ich den ganzen tag kaffee trinke und eine schachtel zigaretten am tag rauche, ich klebe ein rotes buch mit zitaten voll und versuche, vor 2 einzuschlafen. ich lese paula köhlmeier und gehe in der innenstadt spazieren und suche nach sommerkleidern, ich bin unglücklich verliebt und schreibe kleine botschaften für den zauberer neben die lifttür, vergesse mein postfach auszuräumen, während ich darauf warte, dass der frühling kommt und die bienen ausfliegen...
Mag man dieses Mädchen, wenn man es so reden hört? Ich kenne es, dieses wilde Kind, lockenumrahmt sitzt es in schmutzigen Küchen rum und tut bereuenswürdige, wichtige Dinge. Ein Jahr ist vergangen, seit ich entschieden habe, ernsthaft zu Ende zu studieren & heute habe ich versucht, meinem Studierenwollen hinterherzuräumen, den Dreck weg. Wo ich doch jeden Morgen im Badezimmerradio höre: Räum deinen Kopf aus. Das spielen sie für mich. Es ist mein Text:

Da ist keine Angst, da ist ein Weg. Und der ist lang. Ich will einen klaren Kopf haben und von Gedanken frei sein, wenn du wieder kommst. Ich mache tabularasa mit meinem Kopf. Alles soll leer sein, damit etwas Platz hat. Ich will etwas reinlassen, Willkommen!

Das Jahr ist nun um. Für mich bedeutet das, der Zeitpunkt ist günstig, um zu rekapitulieren. Auch wenn mir heute morgen der Sinn mehr nach Kapitulation gestanden hätte, da alles viel länger dauert, als ich mir das vor einem Jahr ausgerechnet habe.

Dieses Jahr habe ich zaubern gelernt. Ja, ich habe gezaubert, bis mein explosionsartiges, bei Bedarf auch gern bösartiges Gemüt sanft geworden ist und ruhig, - sehr ruhig. Ich habe gelernt, dass Menschen, die sich viele Stunden täglich in den Unigebäuden und auf den Parkbänken davor aufhalten, nicht zwangsläufig böse sind. Ganz im Gegenteil. Sie wissen, was zu tun ist. Ich habe in diesem Jahr versucht, nachzudenken ohne Fragen zu stellen, nur in mich selbst hineinzuhören & zu sehen, wo die Stimme geblieben ist, die mir sagt, was zu tun ist. Und nach einiger Zeit ging das sogar ganz gut. Ich habe gelernt, dass man Menschen gehen lassen muss & dass es gar nichts ausmacht, wenn sie gehen wollen. Dass man frei ist, wenn man loslassen kann. Ganz entspannt dazusitzen und zu warten, dass der freie Platz besetzt wird, von jemandem, der die Dinge weiß, die man jetzt braucht. Ich sitze in keinen schmutzigen Küchen mehr rum, nein, aber ich denke gerne an diejenige in mir, die das so gern getan hat. Ich rauche jetzt langsamer & versuche nicht mehr alles zu verstehen. Ich versuche, nicht mehr nach außen zu hören. - So, wie andere Menschen mit dem Rauchen aufhören, höre ich auf, verrückten Zielen nachzurennen und ständig andere Menschen um Rat zu fragen.

Ich habe gelernt, dass jeder Mensch das Recht hat, Geschirrtücher zusammenzulegen, wie es ihm gefällt.

Ich habe gelernt, dass Dinge so lang brauchen, wie sie wollen & nicht wie ich das will.
Danke mc, das war ein gutes Jahr.

Mittwoch, Februar 7

Das Ende der Regenerationsphase

Schöne Sätze:
I've known J.K. since he was knee-high to a grasshopper.
Dieser Satz kann gefunden werden, wenn man den Namen unseres neuen Mitbewohners bei Google eingibt. Eine Tatsache, an der man sehr gut erkennen kann, dass wir gut daran getan haben, ihm nicht nachzuspionieren, bevor wir uns für ihn entschieden haben.
Denn jemand, bei dem so ein Satz erscheint, kann nur ein guter Mensch sein. Herzlichen Glückwunsch, WG5, für diese ausgesprochen weise Entscheidung.