Freitag, Dezember 22

in trauer

meine wohnung bricht auseinander.

es ist beschämend, durch den gang zu schlurfen, während man hofft, jemandem nicht begegnen zu müssen.
ich sehe ein, dass es keinen sinn macht, jetzt noch darum zu kämpfen.

ich gebe nun auf.

aber wie soll man gemeinsam im wandschrank wohnen,
ohne ein wort miteinander zu wechseln?

in tiefer trauer,
gewürze trennend,
m.


zwei tage vor weihnachten.

Am westbahnhof versuchen unendlich viele ziehköfferchen sich ihren weg in richtung gleise zu bahnen und von der mariahilferstraße werden massenhaft geschenke durch die gässchen heimgeschleppt. wenn man es sich recht überlegt, kriegt jeder mensch mindestens 3 geschenke (was vermutlich furchtbar untertrieben ist) und bei 8 millionen österreicher sind das schon mal 24 millionen geschenke. außer der eine freakige millionär, der sich für 50000 euro eine oma für den weihnachtsabend gemietet hat, damit er nicht allein in seiner monacco-villa sitzen muss (sagt zumindest die tolle neue österreich-zeitung.)

und ich habe ein ticket gekauft, am bahnhof, weil ich heimfahre und danach gleich zu mc’s eltern. mit fahrtunterbrechung in attnang: "sie müssen in mindestens einem monat am endziel angekommen sein". ich denke, das schaffe ich. länger als 3 tage kann man eh nicht bei mir zuhause bleiben, weil man sonst einen lagerkoller bekommt, gekoppelt an schreikrämpfe. obwohl ich diesmal ernsthaft ein eigenes zimmer habe, wenn ich heimkomme. wahrscheinlich zum ersten mal in meinem leben. 4 kinder und 3 davon sind schon reißaus gegangen. ein wahnsinn, wenn man bedenkt, dass muck erst letzes jahr laufen gelernt hat (in meinem empfindungshorizont ist das zumindest so.) über diese dinge darf man nicht allzu viel nachdenken, wenn man unbeschadet durchs leben gehen möchte.

ich muss also heim, wie man es auch dreht, ich hab jetzt das ticket und es gibt jetzt kein zurück mehr. wie aufregend das aber trotzdem immer ist. ich hab mc’s geschenk eingepackt und will es ihm natürlich sofort geben, weil ich es kaum aushalten kann, darauf zu warten, sein gesicht zu sehen, wenn er es auspackt! mc hingegen ist furchtbar cool und scheint noch nie im leben von neugier heimgesucht worden zu sein. er würde nie unseren nikolaus bereits am 4. dezember auspacken wollen, obwohl ich schon mit allen mitteln versucht habe, ihn dazu zu überreden. oh mann – ich will mein geschenk auspacken! jetzt!

2 wochen fahre ich weg und würde sogerne meine arbeit mitnehmen, aber ich weiß, welche illusion das ist. niemals werde ich zeit haben, mich hinzusetzen um ein paar stunden intensiv daran zu arbeiten. tausend omas, tanten, freunde und geschwister wollen besucht und unterhalten werden und am ende wiegt man 5 kilo mehr, weil man mit spätzle, sahnekuchen & karlsbader oblatten vollgestopft wurde.

das leben ist so stressig. eine woche jagt die nächste und ich hab nie zeit für die dinge, die ich wirklich machen möchte. geht das jetzt 60 jahre so dahin? bis ich tot umfalle?

Dienstag, Dezember 19

Die Finnen kommen



Wort des Tages:
fin|nig: von Finnen befallen



Montag, Dezember 18

Weihnachten

mein vater hat heute vorgeschlagen, dass ich dieses jahr zu weihnachten nicht nach hause fahren soll, sondern gleich zu mc's eltern. weiß der teufel, was ihn da geritten hat. hier kann man den grund betrachten, warum ich seinen vorschlag brüskiert abgewiesen habe:



Der Akt der Versöhnung zwischen den zwei Welten, die in Österreich so viele Zugereiste bewohnen: die Stadt und die Erinnerung.[1]
[1]Bert Rebhandl, Format 22/99.

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Weihnachten II



mc, weihnachten '04 beim vulkan, der huldigung seiner göttin shina. (die wahre identität dieses monsters ist erkenne ich nur, weil ich weiß, dass den schal oma luise gestrickt hat.)


Donnerstag, Dezember 7

happy birthday, marie

heute ist klms 22. geburtstag.

der 7. 12. 2004 war ein kalter, schöner wintertag, an dem mc aus stuttgart angeflogen kam, um uns zum 2. mal zu besuchen. gleich für 10 tage. klm mag geburtstage nicht - also jedenfalls nicht ihre eigenen. sie mag es nicht, im mittelpunkt zu stehen. dabei wär’ sie der typ dafür, echt. ich habe sie damals trotzdem gefragt, was für ein geburtstagsessen sie gern hätte und sie meinte: fleisch, gemüse, kroketten. ein komisches essen, oder? aber ich habe es gekocht. und die anderen haben den tisch gedeckt, mit gelben servietten und tequilla & zimt.

damals wussten wir soviel nicht; was danach noch kommen sollte. viel, was wir niemals hätten wissen wollen. wir kannten uns beinahe noch gar nicht; sowas vereinfacht die kommunikation ja immer ungemein. - man sitzt da und kann sich erzählen. z.b. aus seinem leben, was passiert ist und dabei kommt einem das eigene leben plötzlich sogar richtig interessant vor.

j kannten wir noch gar nicht. der lebte damals bei r und versuchte eine diplomarbeit zu schreiben. erst ein monat später sollte er zu uns kommen; und ich sollte lange zeit denken, jemanden wie s gefunden zu haben. dabei wusste ich damals noch nicht mal, dass ich meinen für-immer-freund s verlieren sollte.

alles war noch neu und frisch und selbst ma und ich, die wir uns ewig kannten, erfanden uns neu.

wir gründeten eine revolutionspartei - eine sexuelle. wir wussten noch nichts von [s]exfreundschaften und wie man damit umgehen muss; wir wusste noch nichts von den zeiten, die unwiderruflich kommen sollten: in denen man anstatt rauch-säften & nougattaschen zum frühstück sein banales miete-nebenkosten-neuewinterjacke-leben nicht mehr bezahlen kann; in denen man selber altert und die semesteranzahl unaufhaltbar steigt & einem nervige eltern im nacken sitzen. damals hatte ich noch einen guten germanistenjob, von dem ich alkohol & zigaretten finanzieren konnte. für den rest war gesorgt. danke, vater staat. selbst dafür hatte ich null wertschätzung.

wir wussten nicht, was uns bevorstand.

dass wir ganz sex-and-the-city-like unsere wg planten und sogar mit leichtigkeit eine fanden, mitten in der stadt, spottbillig mit wandschrank & flügeltüren. wir wussten nicht, dass wir in dieser hübschen wohnung wochenlang nicht miteinander reden würden, weil ... ja, warum eigentlich?

wir wussten nicht, dass wir streiten würden wegen putzplänen, kochplänen & freunden, die wir nicht teilen konnten oder wollten.

wir kannten nicht unsere neuen mitbewohner, wir wussten nichts über hundetricks & tankstellenüberfälle. ich wusste nicht, dass ich meine große liebe finden würde - inmitten der sex.revolte.

wir wussten soviel nicht;
aber vielleicht haben wir manches davon geahnt.

es war wahrscheinlich die schlimmste und zugleich schönste zeit meines lebens und ich habe nie zuvor soviel gelernt.

es hat sich alles verändert & wir kennen uns nicht mehr, dennoch:

happy birthday, marie.

Mittwoch, Dezember 6

So war ich

Einen Freund zu haben, ist wie im Spätsommer auf einer Parkbank zu sitzen, im vollkommenen Glück. Im Spätsommer auf einer Parkbank zu sitzen, z. b. neben einer Liebe, die im Frühling entstanden ist. Einen Freund wie dich zu haben, bedeutet mir alles. So jemanden zu haben, war nicht immer einfach für mich. Im Grunde genommen weiß ich auch heute genausowenig, wie es funktioniert. Menschen sammeln ist einfach. Sie zu behalten, eine Kunst.


Ich war dreizehn, als ich dich zum ersten Mal wahrnahm. Leider dauerte es damals noch zwei Jahre, bis du zum ersten Mal Notiz von mir genommen hast. Ich versuchte zwei Jahre lang, deine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Es war schwierig, mit jemanden in Kontakt zu treten, der es sich zum Ziel gemacht hatte, kein Wort zu sprechen. Mit niemandem. Ich habe dich tatsächlich selten reden gehört. Mein Ziel hingegen sollte es sein, das Schweigen zu brechen. Ich wollte alles wissen. Dazu unternahm ich verschiedenste Versuche. Einer nach dem anderen scheiterte kläglich. Stück für Stück begann ich, dein Leben mit meinem zu verweben.

Mit dreizehn bekam ich durch Zufall einen Platz schräg hinter dir. Ich hatte also viel Zeit, dich anzusehen und zu bemerken, wie außergewöhnlich du bist. Ich schrieb dir fleißig kleine Zetterl, auf die ich – wenn überhaupt – jämmerliche Antworten bekam. Meine Erwartungen an dich waren immer schon sehr hoch, was dir viel Gelegenheit gab, mich zu enttäuschen. Ich habe viele negative Eigenschaften. Aber wenn ich etwas haben will, dann kann ich sehr ausdauernd und hartnäckig sein. Damals war ich überzeugt, nur lange genug warten zu müssen.


Also wartete ich einfach die gemeinhin bekannten zwei Jahre, die Jungs den Mädchen in der Pubertät hinterher sind, bis sich auch deine Hormone in meine Richtung bewegten.