Wir warten also. Die Schwiegermutter, eine Art Zauberin, auf deren Gefühle man sich immer gut verlassen konnte, hatte vor zehn Tagen prophezeit, dass wir nun die längste Zeit gewartet hätten. (Bedeutet ja nichts Konkretes, merken Sie es? Wir warteten schließlich seit neun Monaten.) Tasche zur Tür stellen, sagte sie noch. Und auch hier sehen Sie: Sie hat Recht. Steht in jedem Schwangerschaftsratgeber. Tasche zur Türe also. Ich hab ja nicht alles doppelt, also jeden Tag, Tasche auf, Zeug raus, Tasche auf, Zeugs rein. Bei jedem Haarewaschen denkt man ja, jetzt ist das das letzte mal Balsam, bevor deine Tochter zur Welt kommt, bei jeden Mal Fingernägelschneiden, das jetzt aber das letzte Mal Feilen, bevor deine Tochter zur Welt kommt. Aber dann doch noch einmal Haarewaschen und doch noch einmal Nägelfeilen.
Warten. Dazu Himbeerblättertee.
Angst habe ich keine. Ich fürchte mich nicht.
Vermutlich bin ich noch so herzerfrischend unerschrocken, wie es nur Erstgebährende sein können. Die nichts wissen, die keinen blassen Schimmer, nicht die leiseste aller Ahnungen haben, was jetzt gleich kommt.
Ganz im Gegenteil, ich freue mich. Ich freue mich sosehr, dass ich den Schmerz, der da offensichtlich vor mir liegt, ganz nah, unmittelbar, herbeisehne, herbeiphantasiere, mir wünsche, er wäre endlich da.
Ich möchte sehen, was der Mann und ich fabriziert haben. Wie er aussieht.
Der kleine Mensch, der bald bei uns einzieht.